Ärztekammer-Präsident Thomas Szekeres (Mitte) im Trauerzug durch die Innenstadt. "Hände weg von der Ausbildung", stand warnend auf einem Transparent.

Foto: APA/Georg Hochmuth

"Gestorben: Ärztliche Ausbildung" war auf einem Flyer zu lesen, den die Ärztevertreterinnen und -vertreter am Mittwoch an Passantinnen und Passanten verteilten.

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Wien – Das Wetter hatte Erbarmen mit dem Tross in schwarzen Anzügen und Kleidern. Als am Mittwoch rund 100 Vertreterinnen und Vertreter der Ärztekammer in dunkler Trauerkleidung, mit schwarzen FFP2-Masken und Transparenten durch die Wiener Innenstadt marschierten, bedeckte eine kühlende Wolkendecke den Himmel. Gut eine Stunde dauerte der zum Teil entlang der Ringstraße verlaufende Fußmarsch zum Hotel Savoy im dritten Bezirk. Dort fand nach Mittag die Vollversammlung der Kammer statt, wo es unter anderem um "einen Schlag ins Gesicht" der Ärztinnen und Ärzte gehen sollte. Dieser komme "gerade jetzt, wo die Pandemie in eine ruhigere Phase einzutreten scheint", wie Thomas Szekeres, Präsident der Standesvertretung, vor Pressevertretern ausführte.

Grund für die großen Gesten der Trauer und Szekeres' Entsetzen ist eine kürzlich im Nationalrat beschlossene Änderung des Ärztegesetzes, die, so Szekeres, "bösartig und sinnlos" sei. Die Novelle sieht Änderungen in der Qualitätssicherung in Arztpraxen und bei der Zuständigkeit der Ärzteausbildung vor. Beides wäre für die Ärztekammer ein Machtverlust. Die Kammervertreterinnen und -vertreter trugen am Mittwoch daher die ärztliche Ausbildung zu Grabe. "Wir verabschieden uns von einer unabhängigen, qualitätsvollen ärztlichen Ausbildung", stand auf Flyern, die an Passanten verteilt wurden.

Minister wolle Konsens

Die Gesundheitslandesräte hätten sich zusammengetan, um sich bei der Ausbildung mehr Macht und Einfluss zu sichern, ärgerte sich Ärztekammer-Präsident Szekeres. Der Verfassungsgerichtshof hatte festgehalten, dass die bisher gültige Regelung ein Eingriff in die Länderkompetenzen sei. Mit Kritik an Gesundheitsminister Wolfgang Mückstein (Grüne), selbst lange Jahre Ärztekammer-Funktionär, hielt sich Szekeres aber merklich zurück. Der Minister habe sich um Konsens bemüht, sagte er.

Im Fall der Qualitätssicherung ist vorgesehen, diese bis 30. Juni 2022 unter Einbeziehung der Länder, der Sozialversicherung und der Ärztekammer zu evaluieren. Ohne Einigung würde die Qualitätssicherungskompetenz ans Gesundheitsministerium wandern. Bisher wird die Qualitätssicherung in Österreichs Arztpraxen durch die ÖQMed GmbH, ein Tochterunternehmen der Kammer, durchgeführt. Diese Konstruktion hat bereits Kritik vom Rechnungshof und den Patientenanwältinnen und -anwälten hervorgerufen.

Gremium mache Vorgaben

Szekeres lässt die Einwände nicht gelten: In dem Gremium, das die Vorgaben für die Qualitätskontrollen mache, sei die Kammer in der Minderheit. Derzeit werden niedergelassene Ärzte regelmäßig dazu aufgerufen, Fragebögen selbst auszufüllen, lediglich sieben Prozent werden zur Kontrolle aufgesucht. Diese Rahmenbedingungen zu ändern, sei in der Hand dieses Gremiums, sagte Szekeres. Außerdem würden künftig zehn Prozent der Ordinationen zur Prüfung aufgesucht.

Mehrkosten für öffentliche Hand

Szekeres machte auch darauf aufmerksam, dass diese Änderungen für die öffentliche Hand Mehrkosten bedeuten. So bezahle die Ärzteschaft die Qualitätssicherung selbst, und für Agenden zur Bewilligung der Ausbildung habe die Kammer rund ein Dutzend Mitarbeiter angestellt. Dies müssten künftig die Bundesländer übernehmen.

Der Ärztekammer-Präsident hofft, dass die Übergangsfrist zwischen dem Beschluss und der tatsächlichen Umsetzung dazu genutzt werde, die Änderungen noch zu überdenken und rückgängig zu machen. Im Rahmen der Kammer-Vollversammlung war vorgesehen, über etwaige weitere Protestmaßnahmen abzustimmen. (Gudrun Springer, 23.6.2021)