Maas empfängt Blinken.

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Berlin – Es ist der erste Deutschlandbesuch von US-Außenminister Antony Blinken. Bei einem Pressetermin nach Gesprächen mit seinem deutschen Amtskollegen Heiko Maas unterstrich Blinken am Mittwoch die enge transatlantische Abstimmung in außenpolitischen Fragen – etwa bei der China-Politik.

Auf die Frage nach der Präsenz deutscher Firmen in der Region Xinjiang sagte Blinken, es müsse für alle klar sein, dass keine durch Zwangsarbeit hergestellten Produkte importiert werden dürften. Hintergrund ist der Vorwurf an die chinesische Führung, dass sie die muslimische Minderheit der Uiguren in der Region zur Zwangsarbeit heranzieht.

Gegen Export von Technologie

Blinken sprach sich zudem gegen den Export von Technologie aus, die zur Unterdrückung eingesetzt werden könne. Es gehe nicht darum, China einzudämmen, sondern darum, die bisherige internationale Ordnung und die eigenen Werte zu verteidigen. "Es ist ganz wichtig, dass wir in der EU eine gemeinsame China-Strategie haben", sagte Maas dazu. Die EU habe zum ersten Mal seit 30 Jahren im Zusammenhang mit Xinjiang Sanktionen gegen China verhängt. "Wir sind einfach effektiver, wenn wir gemeinsam arbeiten." Deshalb solle die China-Strategie "sehr eng transatlantisch" abgestimmt werden. Sowohl Blinken als auch Maas verwiesen auf die kritischere Tonlage gegenüber China in den Abschlusserklärungen des G7- und Nato-Gipfels in den vergangenen Tagen.

Keine Einigkeit herrscht jedoch beim Thema Nord Stream 2. Die deutsche Bundesregierung will bis August eine Lösung im transatlantischen Streit über die Gaspipeline zwischen Russland und Deutschland, die die Ukraine als Transitland umgeht, finden. "Es ist uns außerordentlich wichtig, zu Ergebnissen zu kommen, die auch in Washington mitgetragen werden können", betonte Maas. Berlin setzt sich deshalb für eine Verlängerung des Gastransitvertrages zwischen Russland und der Ukraine ein. Dieser läuft bis 2024. Eine andere Option wären Investitionen in das als marode geltende ukrainische Pipelinenetz oder eine Garantie, im Falle russischen Drucks der Ukraine den Ausfall der Transitgebühren zu begleichen.

Lösung bis August?

Blinken wiederholte, dass die US-Regierung die geplante Pipeline durch die Ostsee, die mehr russisches Gas nach Westeuropa bringen soll, weiter als Gefährdung für die Energieversorgung Europas sieht. Außerdem drohe, dass Russland die Pipeline als politische Waffe gegen die Ukraine einsetzen könne. Man wolle "sehr konkrete und belastbare" Maßnahmen, die sicherstellten, dass dies nicht geschehe. Allerdings deutete er an, dass die US-Regierung die Fertigstellung der Pipeline wohl nicht mehr verhindern wird. Beim Amtsantritt der neuen US-Regierung sei die Pipeline schon zu 90 Prozent gebaut gewesen, betonte Blinken. Das habe man nicht ändern können. Nun versuche man, die Gefährdung für die Ukraine zu minimieren. Die Pipeline ist in der Tat fast fertig. Als Finanzpartner sind an Projekt unter anderem der Düsseldorfer Versorger Uniper und der österreichische Öl- und Gaskonzern OMV beteiligt.

Blinken hat der Ukraine jedenfalls weitere gemeinsame Unterstützung im Konflikt mit Russland zugesichert. "Deutschland und die Vereinigten Staaten werden weiterhin zusammenstehen gegen gefährliche und provokative Aktivitäten Russlands, seien es Übergriffe auf das ukrainische Staatsgebiet, die Inhaftierung von Alexej Nawalny oder die Verbreitung von Desinformationen in unseren Demokratien", so Blinken.

Seit der Annexion der Halbinsel Krim 2014 durch Russland ist der Ukraine-Konflikt einer der größten Streitpunkte im Verhältnis zwischen Moskau und dem Westen. Besonders besorgt zeigten sich die USA über den Aufmarsch russischer Truppen im April an der Grenze zur Ostukraine. Die ukrainische Armee kämpft seit 2014 gegen prorussische Separatisten im Osten des Landes. Der Westen wirft Russland vor, die Separatisten zu unterstützen, was die Regierung in Moskau bestreitet.

Auch gemeinsame Unterstützung für Libyen

Im Anschluss an den Pressetermin eröffnete Maas am Mittwoch die zweite Konferenz zur Stabilisierung Libyens. "Heute demonstrieren wir erneut unsere Unterstützung für die Souveränität, Unabhängigkeit, territoriale Unversehrtheit und nationale Einheit Libyens", sagte Maas. "Nach jahrzehntelanger Diktatur und einem jahrelangen Konflikt wollen die Menschen Libyens endlich gehört werden." Ziel der in Zusammenarbeit mit den Vereinten Nationen organisierten Konferenz sei vor allem die Durchführung der für den 24. Dezember geplanten Wahlen. Zudem müssten die noch immer in Libyen präsenten ausländischen Kämpfer und Söldner endlich abgezogen und die libyschen Sicherheitskräfte zusammengeführt werden, betonte Maas.

Blinken hatte zuvor gemeint, die US-Regierung teile das Ziel eines freien Libyens ohne ausländische Einflüsse. Wichtig seien hierbei die Wahlen im Dezember und die Einhaltung der vereinbarten Waffenruhe. Blinken nimmt an der Konferenz teil. Ebenfalls anwesend ist erstmals auch die libysche Übergangseinheitsregierung, die vertreten wird von Ministerpräsident Abdul Hamid Dbeiba und Außenministerin Najla el Mangoush. Angesichts des Bürgerkrieges in dem nordafrikanischen Land hatte Deutschland Anfang 2020 mit dem sogenannten Berliner Prozess und einer ersten Konferenz versucht, einen Beitrag zur Entspannung der Lage zu leisten.

Die Kämpfe zwischen den verfeindeten Gruppen sind mittlerweile abgeflaut, seit Oktober 2020 gilt ein Waffenstillstand. Die Blockade der libyschen Ölquellen wurde aufgehoben, sodass Libyen wieder über größere Einnahmen verfügt. Die Lage gilt aber immer noch als instabil. Beobachter führen dies auch auf die Anwesenheit etwa türkischer Soldaten in dem Land zurück, zudem gibt es Berichte über russische Söldner in Libyen. Die Türkei und Russland hatten im libyschen Bürgerkrieg unterschiedliche Seiten militärisch unterstützt. Beiden Ländern wird auch die anhaltende Lieferung von Waffen vorgeworfen. (red, APA, 23.6.2021)