Sieben knallrosa Schulrucksäcke auf Beinen stapfen die Bundesstraße entlang. Die Mädchen, die sich darunter verbergen, balancieren auf dem schmalen Sandstreifen zwischen Fahrbahnrand und Graben. Von oben drückt die Mittagssonne, von der Seite der Fahrtwind der Lastwägen, die hier vorbeibrettern.

Die Mädchen müssen die Bundesstraße überqueren, um nach Hause zu kommen. Einen Zebrastreifen gibt es nicht. "Wir haben sieben Jahre gekämpft, damit überhaupt der Bus hier stehenbleibt", sagt Salim Al-Danfiri, ein Gemeindevertreter von Bir Hadaj, einem Beduinendorf im Süden Israels.

Said Al-Kharumi ist rigoroser unterwegs als seine Partei.
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Von Kämpfen ist hier oft die Rede. Knapp die Hälfte der Beduinen Israels lebt in Dörfern wie Bir Hadaj, deren Szenerie von Wellblech, bloßen Drähten und Müll beherrscht wird. Mitte der 1960er-Jahre entschied die israelische Regierung zwar, die Beduinen in urbane Zentren zu verfrachten. Da sich dies schlecht mit den Lebensgewohnheiten der agrarisch tätigen Wüstenbewohner verträgt, lehnen das aber viele bis heute ab.

Immer wieder Bulldozer

Sie schlagen eigene Hütten in der Wüste auf, die rasch zu Siedlungen anwachsen. Immer wieder schicken israelische Behörden Bulldozer vor, da den Behausungen die nötige Baubewilligung fehlt. Es ist ein jahrzehntealter Teufelskreis, den Israels kleinste Parlamentspartei nun aufzulösen verspricht.

Die arabische Liste Ra’am hat zwar nur vier Abgeordnete, ist aber Teil der neuen Koalition – und ihre Stimmen sichern der Regierung das Überleben. Sollte nur ein Parlamentarier wegfallen, platzt die Koalition. Das weiß Said Al-Kharumi.

Kurz vorm Vertrauensvotum, das auch seine Partei in der Koalition bestätigen sollte, zog der Parlamentarier seine Unterstützung zurück. Bis zuletzt war nicht klar, ob die Regierungsbildung klappen würde.

Häuserabrisse stoppen

Schließlich votierte Al-Kharumi nicht dagegen, sondern enthielt sich nur der Stimme. Die Koalition war gerettet. "Ich wollte nicht verhindern, dass Netanjahu abgewählt wird", sagt der 49-Jährige. Er will aber weiterhin Zünglein an der Waage spielen.

Al-Kharumi ist selbst Beduine. Er verlangt, dass der Staat Häuserabrisse vorerst aussetzt und dass mehrere Beduinensiedlungen legalisiert werden. Sollten die Rechtsparteien in zentralen Fragen nicht mitziehen, ist für ihn klar: "Dann sind wir draußen."

In der Ra’am-Partei ist man nicht so explizit. Al-Kharumi aber setzt der Regierung eine Frist von 45 Tagen. Bis dahin will er den Partnern das Versprechen abringen, dass seine Forderungen umgesetzt werden. Vorsichtige Zusagen gibt es bereits – allerdings nur für drei der über 30 wilden Siedlungen.

Den Vorwurf, er würde die Regierungsarbeit blockieren, weist Al-Kharumi zurück: "Ich möchte nicht, dass diese Regierung zerfällt", sagt er. Aber so sei das eben in einer Koalition: "Jede Partei steht unter ihrem eigenen Druck." (Maria Sterkl,, 24.6.2021)