Teamchef Franco Foda gewöhnt seine Mannen bereits an die Farbe Blau. Am Samstag warten dann italienische Menschen aus Fleisch und Blut.

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Ein relativ unspektakulärer Mittwoch in Seefeld. Um elf Uhr Tiroler Zeit hat Österreichs Fußballelite trainiert, nicht allzu intensiv. Florian Grillitsch, gegen die Ukraine der "Man of the Match", radelte sich den Stress und die Müdigkeit aus den Beinen. Das 1:0 vom Bukarester Montag ist "schöne Geschichte", die "wunderbaren Emotionen" flauen ab. Müssen abflauen. Die Geschichte wird ja am Samstag ab 21 Uhr mit dem Achtelfinale gegen Italien im Londoner Wembley fortgesetzt. Und im Idealfall nicht abgeschlossen.

"Des Fokus ist auf Italien gerichtet", sagte der 25-jährige Hoffenheim-Legionär am frühen Nachmittag in einer Zoom-Pressekonferenz. Grillitsch hatte ja vor der Ukraine-Partie medial die Forderung gestellt, endlich in die Startformation zu rutschen. Teamchef Franco Foda gehorchte quasi. Und der Bittsteller gab dann den Takt in einer bärenstarken Mannschaft an, ist gegen Italien wortlos gesetzt. Ob er mit seiner Ansage ein Risiko eingegangen ist? "Vielleicht. Aber es ist keiner damit zufrieden, nicht zu spielen. Dass es so gut geklappt hat, war natürlich schön. Aber es ist keine Überraschung gewesen. Ich weiß ja, dass ich ein guter Fußballer bin."

Schippe drauflegen

Gegen Italien sind elf sehr gute, überragende Kicker gefragt. Grillitsch schreckt der übermächtig scheinende Gegner nicht. "Angst haben wir keine, nur Riesenrespekt. Wir dürfen uns nicht kleinmachen. Warum sollte es nicht weitergehen? Wir werden im Wembley topfit sein. Mutig auftreten, voll da sein. Wir können mehr, als wir gegen die Ukraine gezeigt haben. Wir werden und müssen eine Schippe drauflegen."

Foda feilt an einem Matchplan, dem ausführenden Personal wird er rechtzeitig mitgeteilt. Grillitsch geht davon aus, dass die seit 30 Partien ungeschlagenen Italiener, die in den jüngsten elf Spielen eine Tordifferenz von 32:0 aufweisen, den Ball in Besitz nehmen wollen und vermutlich werden. "Aber auch wir brauchen Ballbesitzphasen, um nicht permanent hinterherzulaufen.

Kein Waffenwechsel

Marcel Sabitzer vertraut auf die eigenen Fähigkeiten. "Klar sind wir Außenseiter, aber wir müssen sie mit unseren Waffen schlagen, in Stress bringen. Mit Gegenpressing." Wobei der 27-jährige Leipzig-Legionär nicht auf der Nudelsuppe nach Seefeld geschwommen ist. "Wir werden nicht oft agieren können, müssen reagieren, manchmal hinterherlaufen. Sie wollen den Ball."

Der nicht unbedingt auskunftsfreudige Sabitzer wollte keine einzelnen Gegenspieler hervorheben. "Das steht mir nicht zu." Italienische Zeitungen vermeldeten großes Interesse des AC Milan an Sabitzer, der kommentierte das nicht. "Das sind mediale Spielchen. Mich interessiert das Spiel."

Tolle Kombination

Die Kombination Italien und Wembley, mehr geht im globalen Fußball fast nicht. Kultmannschaft im Kultstadion. Grillitsch wäre eigentlich für eine Verlegung gewesen, schließlich dürfen österreichische wie italienische Fans Corona-bedingt nicht nach London reisen (zehntägige Quarantäne). Die Uefa hat diesen Wunsch nicht erfüllt (nicht einmal gehört), was für Grillitsch klar war, schließlich ist sein Einfluss begrenzt. Also ist es London.

"Für unsere Anhänger ist das extrem bitter. Aber Wembley ist der beste Ort zum Fußballspielen, es gibt nichts Größeres." Sabitzer widersprach nicht. 40.000 getestete Zuschauer finden Einlass, die Stimmung dürfte neutral sein. Wobei im Großraum London und generell in England weit mehr Italiener als Österreicher ansässig sind. Die dürfen, Eintrittskarte vorausgesetzt, kommen, weil sie schon da sind. Italien trug die drei Vorrundenpartien in Rom aus, muss also auf den Heimvorteil verzichten. Dass sie daran zerbrechen, glauben weder Sabitzer noch Grillitsch. (Christian Hackl, 23.6.2021)