Bundespräsident Van der Bellen lässt die Vollständigkeit von Blümels Aktenlieferung prüfen.

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Wien – Mit einem Knalleffekt eskalierte am Mittwochabend der Konflikt rund um Aktenlieferungen des Finanzministeriums an den U-Ausschuss. Bundespräsident Alexander Van der Bellen kündigte an, das Straflandesgericht Wien mit der Exekution einer Entscheidung des Verfassungsgerichtshofs (VfGH) zu beauftragen. Das Gericht muss prüfen, ob Blümel alle Akten, wie vom VfGH verlangt, an den U-Ausschuss geliefert hat – oder eben nicht.

"Die einen sagen so, die anderen sagen so", meinte Van der Bellen. Er selbst könne das nicht beurteilen. Blümel versicherte mehrfach, alles geliefert zu haben; die Opposition führte in einem Brief an Van der Bellen hingegen mehrere Indizien für eine unvollständige Lieferung an. "Aufseiten des Bundesministers für Finanzen besteht die Schwierigkeit, dass der Beweis, alle von der Vorlagepflicht erfassten Daten dem Untersuchungsausschuss vorgelegt zu haben, nicht erbracht werden kann", führt Van der Bellen in einem Brief an den roten U-Ausschuss-Fraktionsführer Jan Krainer aus.

Die Frage der Glaubhaftmachung

Das Finanzministerium könne die Vollständigkeit nur "glaubhaft machen". Darum habe sich Blümel "bemüht". Die Opposition habe sich ebenso "bemüht", die "mangelnde Vollständigkeit glaubhaft zu machen". Was denkt Van der Bellen dazu? "Manche der Aussagen können nach Prüfung verworfen werden, bei anderen ist denkbar, dass sie zutreffen." Die Opposition hatte beispielsweise sehr geringe E-Mail- und Datenmengen in manchen Postfächern von hochrangigen Ministeriumsmitarbeitern als Indiz für unvollständige Lieferungen angeführt. Bei einer Abteilungsleiterin finden sich pro Arbeitstag nur drei bis vier E-Mails.

Van der Bellen hatte den VfGH um erneute Prüfung gebeten, dieser sieht für sich aber keine Rolle im Verfahren mehr. Deshalb beauftragte der Bundespräsident nun das Landesgericht für Strafsachen. Ein Einzelrichter dort wird angewiesen: die Daten, die laut VfGH an den U-Ausschuss gehen müssen, "an den jeweiligen Speicherorten sicherzustellen", dann "zu sichten, ob sie von der Vorlagepflicht umfasst" sind und schließlich, "soweit faktisch möglich, spätestens bis zum 15. Juli dem Untersuchungsausschuss vorzulegen".

Zwangsmittel erlaubt

Dafür darf der Einzelrichter laut Van der Bellen "allenfalls erforderliche Zwangsmittel" und "geeignete Personen in nötiger Anzahl und notwendige Sachmittel" einsetzen. Zum Beispiel: "Datenforensiker und IT-Fachleute", zur Sichtung der Daten "geeignete Fachleute, insbesondere auch Richter", weiter "zur allenfalls zwangsweisen Durchsetzung dieses Auftrags: Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes".

Ob das Straflandesgericht das bis 15. Juli schafft, ist zweifelhaft. Braucht das Straflandesgericht länger, ist unklar, wohin die Daten geliefert werden sollen – denn an diesem Tag schließt der U-Ausschuss seine Beweisaufnahme. Womöglich müsste ein neuer Untersuchungsausschuss von vorne beginnen, also das gesamte Prozedere erneut durchlaufen. Das würde erneut Monate dauern.

Die Grünen bleiben allerdings dabei, dass sie den U-Ausschuss nicht verlängern wollen. "Das Straflandesgericht soll jetzt ohne politischen Druck seiner Arbeit nachgehen. Ganz unabhängig davon, ob etwas gefunden wird oder nicht, kann die Opposition als Minderheit jederzeit einen neuen U-Ausschuss einsetzen. Ich hoffe, sie macht von diesem lange erkämpften Recht Gebrauch", sagte Fraktionsführerin Nina Tomaselli auf Anfrage. (Fabian Schmid, 24.6.2021)