Daumen hoch von Luis Enrique.

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Der Anfang vom Ende für die Slowaken. Martin Dubravka hatte die Spanier mit seinem kuriosen Eigentor in Führung gebracht.

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Sevilla – Luis Enrique griff zur Feier des Tages zum "Cerveza", im Estadio Olimpico de la Cartuja vermischte sich die sengende Hitze mit spanischer Glückseligkeit. "Dieser Sieg ist eine Erleichterung für uns alle, auch für mich", gab der Nationaltrainer nach dem 5:0 (2:0) gegen die Slowakei zu. Es war ein historischer Befreiungsschlag für die Seleccion.

"Genau so!", titelte die "Marca" nach dem höchsten Sieg in der EM-Geschichte Spaniens in riesigen gelben Lettern. Nicht nur die kritischen Fans hatten sich nach einer Gala wie gegen den überforderten Außeneiter gesehnt, sondern in erster Linie Enriques Team selbst. "Wir haben das alle gebraucht", sagte der zurückgekehrte Kapitän Sergio Busquets.

Durch das Torfestival in Sevilla wandte die Furia Roja das Aus ab und stürmte ins Achtelfinale. Dort wartet am Montag (18 Uhr / ORF 1) in Kopenhagen nun Vizeweltmeister Kroatien um Real-Madrid-Star Luka Modric auf den furios aufspielenden dreimaligen Europameister. Selbst Joachim Löw war im 2.000 Kilometer entfernten München begeistert. "Dass die Spanier explodieren, habe ich erwartet", sagte Deutschlands Bundestrainer im ZDF. "Wenn sie ins Laufen kommen, sind sie exzellent."

Kurioses Eigentor

Tatsächlich blitzte erstmals bei diesem Turnier jene Klasse auf, die das spanische Team bei den Remis gegen Schweden (0:0) und Polen (1:1) schuldig geblieben war. Zwar vergab der Favorit wieder einige seiner zahlreichen Chancen, aber diesmal nutzte er auch genauso viele. Als "Korkenzieher" entpuppte sich dabei ausgerechnet Martin Dubravka. Im Stile eines Volleyballers schmetterte der wohl von der Sonne geblendete slowakische Keeper den Ball zum kuriosen 1:0 für Spanien (30.) ins eigene Tor.

Die von Enrique vor dem Spiel angesprochene Flasche Cava, "die wir nur entkorken müssen", war geköpft. Plötzlich sprudelte das spanische Spiel heraus wie stark geschüttelter Schaumwein. Selbst der zuvor verschossene Elfmeter von Alvaro Morata war bei gefühlten 40 Grad Celsius vergessen und verziehen, der unglückliche Juve-Stürmer wurde bei seiner Auswechslung mit "Alvaro"-Sprechchören gefeiert.

"Erlaubnis zum Träumen"?

"Wir genießen das und werden uns ein Bier gönnen, es war eine Performance wie aus dem Lehrbuch", sagte Enrique. Die Sporttageszeitung "As" gab mit Blick auf die heiße Turnierphase bereits die "Erlaubnis zum Träumen", mahnte zugleich aber auch: "Man sollte den Kantersieg nicht überbewerten." Enrique war schlau genug, eben das nicht zu tun.

Der 51 Jahre alte Coach bekommt in diesen Tagen am eigenen Leib zu spüren, dass der Fußball – vor allem in Spanien – ein verrücktes Tagesgeschäft der Extreme ist. Bei einer Niederlage und dem EM-Aus wäre es für den Nationaltrainer wohl eng geworden, nun geriet Verbandspräsident Luis Rubiales geradezu ins Schwärmen: "Er ist ein großartiger Anführer", sagte der RFEF-Chef und ergänzte: "Er kann hier so lange bleiben, wie er will."

Das war ein bemerkenswerter Freifahrtschein, schließlich müssen die Spanier noch beweisen, dass sie nicht nur gegen einen schwachen Gegner wie die Slowakei abliefern können. Die EM geht für den Favoriten jetzt erst richtig los – und die Stimmung in Spanien, das weiß Enrique, kann schnell wieder kippen. (sid, 24.6.2021)