Daniela Kraus, Generalsekretärin des Presseclub Concordia und Kritikerin der österreichischen Medienpolitik.

Foto: Luiza Puiu

Wien – Der Presseclub Concordia hat bei seiner Generalversammlung am Mittwoch einstimmig eine Resolution zur österreichischen Medienpolitik beschlossen. Unter anderen fordert der Presseclub die Umsetzung eines zeitgemäßen Informationsfreiheitsgesetzes. Angesichts der "hohen Aufwendungen für öffentliche Inserate und der vergleichsweise geringen Presseförderung" brauche es eine Reform der Medienförderung hin zu einer Journalismusförderung, heißt es: "Die derzeitige intransparente und qualitätsfeindliche Praxis der Regierungsinserate muss beendet werden." Zentrale Voraussetzungen für die Vergabe müssten die demokratiepolitische Relevanz und die Qualität eines Mediums sein.

In Sachen ORF wünscht sich der Presseclub "gedeihliche Rahmenbedingungen für unabhängige Berichterstattung" und eine Gremienreform, um die Abhängigkeiten von der Politik zu reduzieren. Weiter müsse die "Wiener Zeitung" als "tagesaktuelles Medium mit einer unabhängigen und wie bisher personell ausgestatteten Redaktion erhalten bleiben". Die Angriffe auf Journalistinnen und Journalisten hätten auf unterschiedlichen Ebenen ein untragbares Ausmaß erreicht. Als Beispiel nennt der Presseclub Concordia Einschüchterungsversuche von Medienvertretern durch Klagen und hohe Prozesskosten.

Die Resolution im Wortlaut:

  • Die Umsetzung eines zeitgemäßen Informationsfreiheitsgesetzes ist überfällig. Um ihre demokratiepolitsch wichtige Rolle zu erfüllen, brauchen Journalistinnen und Journalisten einen möglichst einfachen und schnellen Zugang zu amtlichen Informationen. Ein Informationsfreiheitsgesetz ist daher ein zentraler Beitrag zu unabhängiger journalistischer Arbeit. Forderungen wie die Einrichtung eines unabhängigen Informationsfreiheitsbeauftragten, kurze Fristenläufe und andere Aspekte haben wir in unserer Stellungnahme ausführlich dargelegt. Da sich der Gesetzesentwurf durch die zahlreichen Stellungnahmen und weitere Anpassungen erheblich verändern könnte, halten wir darüber hinaus eine weitere öffentliche Evaluierung für unverzichtbar.

  • Der Presseclub Concordia fordert, besonders angesichts der hohen Aufwendungen für öffentliche Inserate und der vergleichsweise geringen Presseförderung, dringend eine Reform der Medienförderung im Sinne einer konvergenten Journalismusförderung. Die derzeitige intransparente und qualitätsfeindliche Praxis der Regierungsinserate muss beendet werden. Statt dieser indirekten Finanzierung müssen die Fördermittel deutlich erhöht werden, und zwar mit einer transparenten Vergabe an Hand von überprüfbaren Zielen und Kriterien. Zentrale Voraussetzungen für die Vergabe müssen die demokratiepolitische Relevanz und die Qualität eines Mediums sein. Onlinemedien müssen verstärkt gefördert werden, sofern sie diese Voraussetzungen erfüllen. Zudem sollen die Bereiche Forschung und Weiterbildung sowie Frauenförderung stärker als bisher als Förderkriterien miteinbezogen werden.

  • Der ORF ist für Österreich ein äußerst wichtiges Leitmedium. Der Presseclub Concordia fordert daher gedeihliche Rahmenbedingungen für unabhängige Berichterstattung im ORF. Die Relevanz dieses Themas ist besonders hoch im Jahr der Wahl einer Generaldirektorin/eines Generaldirektors. Ziel ist ein "Rundfunk der Gesellschaft": Er dient der Öffentlichkeit, er ist finanziert durch die Öffentlichkeit und er wird kontrolliert durch die Öffentlichkeit. Wesentlich dafür ist eine Gremienreform, mit der die politische Unabhängigkeit gestärkt wird. Einen Vorschlag für die Umsetzung haben wir vorgelegt.

  • Die "Wiener Zeitung" muss als tagesaktuelles Medium mit einer unabhängigen und wie bisher personell ausgestatteten Redaktion erhalten bleiben. Die kleine österreichische Medienlandschaft kann sich weder den Verlust eines Qualitätsmediums noch den weiteren Abbau professioneller Journalistinnen und Journalisten leisten. Die Concordia mahnt daher die Verpflichtung der Republik als Eigentümer zum Erhalt der ältesten Tageszeitung der Welt ein und hat einen Vorschlag zum Erhalt der Wiener Zeitung vorgelegt.

  • Angriffe auf Journalistinnen und Journalisten haben auf unterschiedlichen Ebenen ein untragbares Ausmaß erreicht: Online-Beschimpfungen, Stalking, tätliche Attacken, etwa bei Demonstrationen, und neuerdings vermehrt sogenannte SLAPP-Klagen – Einschüchterungsklagen gegen Journalisten und Medien. Solche Angriffe sind Angriffe auf die Pressefreiheit und erfordern verstärkte Maßnahmen zum Schutz von Journalisten und Journalistinnen. Der Presseclub Concordia beobachtet mit Sorge vor allem die zunehmenden Versuche, mit juristischen Mitteln unabhängige Berichterstattung zu verhindern, Journalist*innen einzuschüchtern und Medien durch hohe Prozesskosten und aufwändige Gerichtsverfahren in den finanziellen Ruin zu treiben und mahnt Unternehmen und Politik, juristische Mittel nicht zur Einschränkung der Pressefreiheit zu missbrauchen. (red, 24.6.2021)