Im Mai wurde ein Aktenberg im Umfang von 30 großen Umzugskartons bzw. 204 Ordnern an den Ibiza-Untersuchungsausschuss übermittelt.

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Frage: Warum glaubt die Opposition, nicht alle Aktenteile aus dem Finanzministerium erhalten zu haben?

Antwort: Der Verfassungsgerichtshof entschied unter anderem, dass vollständige E-Mail-Postfächer gewisser Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter an den U-Ausschuss zu liefern sind; ebenso E-Mails, die einzelne der 12.000 Bediensteten von fünf Kabinettsmitgliedern erhalten haben. Laut Opposition ist die Summe der gelieferten E-Mails nicht lebensnah, es gebe viel zu wenige Daten.

Frage: Was sagt Finanzminister Gernot Blümel (ÖVP) dazu?

Antwort: Blümel versicherte mehrfach, er habe alles nach bestem Wissen und Gewissen liefern lassen. Im U-Ausschuss entschlug er sich mit Verweis auf eine Anzeige zu dieser Thematik. Es liegt aber auch an den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, ob diese ihre E-Mails vollständig übermittelt haben. Unklar ist, ob Einzelne in ihren dienstlichen Postfächern regelmäßig viel löschen. Es wurden jedenfalls Vollständigkeitserklärungen abgegeben.

Frage: Wie kommt eigentlich der Bundespräsident ins Spiel?

Antwort: Das Bundesverfassungsrecht sieht vor, dass der Bundespräsident bestimmte Erkenntnisse des Verfassungsgerichtshofs exekutieren muss. Er ist also verpflichtet, ihre Umsetzung durchzusetzen. Dafür kann er auf beliebige Organe des Bundes oder der Länder zurückgreifen – sogar auf das Bundesheer.

Frage: Warum hat Van der Bellen nun das Landesgericht für Strafsachen Wien herangezogen?

Antwort: Die Präsidentschaftskanzlei nennt mehrere Gründe: Erstens sind Gerichte unabhängig, also nicht weisungsgebunden. Außerdem hat das Straflandesgericht Wien große Erfahrung und kann auch Zwangsmaßnahmen einsetzen.

Frage: Was wird das Landesgericht nun machen?

Antwort: Laut dem Verfassungsjuristen Bernd-Christian Funk wäre das verhältnismäßige Vorgehen, dass der zuständige Richter oder die zuständige Richterin Indizien dafür sammelt, ob die Unterlagen vollständig waren. Dazu müsse er oder sie die Parteien und den Minister befragen. Kommt er oder sie zum Schluss, dass nicht geliefert wurde, "dann bleibt nur der Weg ins Finanzministerium", sagt Funk. Dabei könnten sich etwa EDV-Spezialisten, zum Beispiel vom Bundesheer, Zutritt zu den dortigen Computern verschaffen. All das ist allerdings ein Wettlauf gegen die Zeit.

Frage: Was passiert, wenn das bis zum 15. Juli nicht abschließend geklärt ist?

Antwort: In dem Moment, in dem der U-Ausschuss abgeschlossen sei, sagt Funk, sei das Verfahren auch in der Exekution zu beenden: "Am 15. Juli um Mitternacht kommt der Schlusspfiff, und dann gibt es kein Nachspiel."

Frage: Läuft der U-Ausschuss nicht ohnehin bis Herbst?

Antwort: Jein: Die Beweisaufnahme schließt am 15. Juli. Im Sommer können dann noch Akten studiert, aber keine neuen mehr empfangen werden. Im Herbst liefern die Fraktionen dann ihre Ausschussberichte ab, damit endet der U-Ausschuss.

Frage: Es kommt doch ein neuer U-Ausschuss?

Antwort: Ja, aber nicht von heute auf morgen. Vom Moment des Verlangens bis zum ersten Befragungstag vergehen meist Monate. Außerdem sieht es rechtlich so aus, als müsste der U-Ausschuss bei null starten, also alle Akten erst erneut anfordern. Damit würde es bis mindestens Frühjahr 2022 dauern, bis das Untersuchungsgremium auf dem Stand des jetzigen Ausschusses ist. (Fabian Schmid, Gabriele Scherndl, 24.6.2021)