Gernot Blümel gab sich im U-Ausschuss zugeknöpft.

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Ein Mini-Koalitionsbruch hat Gernot Blümel erneut in den U-Ausschuss gebracht: Mit den Stimmen der Grünen hatte die Opposition seine drittmalige Befragung durchsetzen können. Bei seinem ersten Auftritt im U-Ausschuss im Sommer 2020 konnte sich Blümel an über achtzig Dinge nicht erinnern; bei seinem zweiten entschlug er sich mit Verweis auf laufende Ermittlungen. Nun ist auch eine Anzeige wegen der angeblich unvollständigen Aktenlieferung durch höchstrichterliche Erkenntnis dazugekommen. Die Möglichkeit, sich zu entschlagen, nutzte Blümel sehr oft, teils gab es auch wieder Erinnerungslücken.

  • Hat Blümel mit den Mitarbeitern darüber gesprochen, wie sie die Aktenlieferung umsetzen? Er habe sich immer wieder vergewissert. Bei Nachfragen: Entschlagung.

  • Gab Blümel eine Weisung, die Aktenlieferung aus dem Ministerium in einer hohen Geheimhaltungsstufe an den U-Ausschuss zu liefern? Entschlagung.

  • Warum schrieb der spätere Öbag-Chef Thomas Schmid im Jahr 2016 an den damaligen Außenminister Kurz, dieser schulde ihm etwas? Entschlagung.

  • Warum schrieb Blümel 2016 an Schmid, der damalige ÖVP-Chef Reinhold Mitterlehner spiele keine Rolle mehr? Entschlagung.

  • Hat Blümel Wahrnehmungen, dass Kanzler Kurz in die Bestellung von Thomas Schmid zum Öbag-Chef eingebunden war? Entschlagung

  • Hat Blümel Wahrnehmungen, dass sich Minister mit üppigen Medienbudgets das Wohlwollen der Medien "erkaufen" wollen? Entschlagung, dann Verweis auf die Neos in der Stadt Wien, wo deren Abgeordneter Helmut Brandstätter ja nachfragen könne.

  • Hat Blümel gewusst, dass der damalige Justiz-Sektionschef Christian Pilnacek zu dessen Einvernahme nachfragte ("wer vorbereitet Gernot?")? Frage durch Verfahrensrichter und Vorsitzenden Wolfgang Sobotka (ÖVP) nicht zugelassen

  • Hat Blümel die Wahrnehmung, dass Finanzämter die steuerrechtlichen Verpflichtungen der öffentlich bekannten ÖVP-Großspender überprüft haben? Entschlagung.

  • Was meinte ein ÖVP-Großspender damit, Blümel solle sich "bei Bedarf" melden? Welche Unterstützungsangebote gab es? Blümel kann Angebote nicht pauschal ausschließen; "Ich kann mich nur nicht mehr erinnern."

  • Hat der Glücksspielkonzern Novomatic das Stadtfest der ÖVP Wien gesponsert? Entschlagung.

  • Gab es Vorbereitungen für das Treffen von Thomas Schmid mit einem Kirchenvertreter, bei dem es um Steuerprivilegien ging und bei dem Kanzler Sebastian Kurz (ÖVP) "Vollgas geben" forderte? Entschlagung.

  • Warum steht im Formular einer Unterstützungserklärung der ÖVP, die ein Großspender unterzeichnet hat, bei Spendenverboten nichts von Tabakindustrie und Glücksspielkonzernen? Entschlagung.

  • Hat Blümel eine E-Mail-Adresse im Ministerium? Blümel fragt, ob die Frage "zulässig" sei. Dann: Er habe keine E-Mail-Adresse im Ministerium.

Nach der Befragung von Gernot Blümel rückte der bisherige Ausschussvorsitzende Wolfgang Sobotka zwei Stühle nach rechts, um dort als Auskunftsperson Platz zu nehmen. Kritik der Opposition, warum Sobotka in der Früh trotz seiner Ladung den Vorsitz führte, beantwortete der Verfahrensrichter: Sobotka habe erklärt, der Vorsitzende könne nie vom Vorsitz ausgeschlossen werden, deshalb sei er da, um nun den Vorsitz zu führen.

Die zwei Hüte des Wolfgang Sobotka

Die Befragung gestaltete sich äußerst zäh, weil viele Geschäftsordnungsdebatten geführt wurden. So wurden Fragen, die Sobotkas Rolle als U-Ausschuss-Vorsitzender betreffen, nicht zugelassen – beispielsweise, ob er sich mit Sektionschef Christian Pilnacek über den U-Ausschuss ausgetauscht hatte oder ob er während Befragungen Kontakt mit dem Kanzleramt hatte. Zum von ihm gegründeten Alois-Mock-Institut und dessen Verbindungen zur Novomatic gab sich Sobotka relativ zugeknöpft. Er sei nicht für Inserate und Sponsorings zuständig gewesen, meinte der Nationalratspräsident. (Fabian Schmid, Renate Graber, 24.6.2021)