Die Präsidentin der Richtervereinigung, Sabine Matejka, sieht das Exekutionsverfahren auch dann nicht als sinnlos an, wenn der Auftrag bis Mitte Juli nicht vollständig erfüllt werden kann.

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Wie soll das Landesgericht für Strafsachen, das von Bundespräsident Alexander Van der Bellen beauftragt wurde, die Exekution durchführen? Im Ö1-"Morgenjournal" war dazu Sabine Matejka, die Präsidentin der Richtervereinigung, zu hören. Sie hält fest, dass die beauftragte Richterin nicht primär die Frage zu klären habe, ob das Finanzministerium bereits alle Daten an den Untersuchungsausschuss geliefert hat. Das passiere quasi als Nebenprodukt. Denn der Auftrag des Bundespräsidenten laute, die Daten sicherzustellen, private Daten herauszufiltern und dann die Daten dem Ausschuss zu liefern.

Dringlichkeit oberstes Gebot

Verfassungsjurist Bernd-Christian Funk beschrieb im Gespräch mit dem STANDARD eine andere Vorgehensweise, nämlich dass der zuständige Richter oder die zuständige Richterin Indizien dafür sammeln sollte, ob die Unterlagen vollständig waren. Dazu müsse er oder sie die Parteien und den Minister befragen. Kommt er oder sie zum Schluss, dass nicht geliefert wurde, dann bleibe nur der Weg ins Finanzministerium.

Der Zeitdruck ist allerdings groß – am 15. Juli, in weniger als drei Wochen, endet der Ibiza-U-Ausschuss, den die ÖVP und die Grünen nicht verlängern wollen, auch nicht nach den aktuellen Entwicklungen rund um den Finanzminister.

Die Dringlichkeit beschreibt Van der Bellen auch in seinem Antrag. Matejka teile deswegen die Ansicht von Funk nicht, sagt sie zum STANDARD: "Der Bundespräsident hat angewiesen, die Daten herbeizuschaffen. Im Antrag steht explizit, dass man keine Rücksicht darauf nehmen soll, welche Daten bereits vorgelegt wurden und welche nicht", erklärt Matejka.

Sichtung am schwierigsten

Sie beschreibt das Vorgehen der per Zufallsgenerator zugewiesenen Richterin konkret so: Zunächst müsse sie herausfinden, wo die Daten gespeichert sind, dann stelle sich die Frage, wie man an sie herankommt und wen man braucht, um die sicherzustellen. Denn die Richterin kann auf zusätzliches Personal zurückgreifen – sie hat völlig freie Hand. Im zweiten Schritt gehe es dann um die Sichtung, "das ist sicherlich der zeitintensivste und schwierigste Teil", sagt die Richterpräsidentin. Hier sei relevant, wie viel zusätzliches Fachpersonal die Richterin in der kurzen Zeit hinzuziehen kann. Aber: "Man kann nicht ausschließen, dass der Auftrag vollständig bis zum 15. Juli erfüllt werden kann. Man kann es nicht einschätzen. Es ist alles eine neue Situation." Laut Matejka könne es auch eine Möglichkeit sein, peu à peu, paketweise an den Untersuchungsausschuss zu liefern.

"Verfassung ist nicht zahnlos"

Das Verfahren deswegen als sinnlos zu beschreiben, lehnt Matejka aber ab. "Dass das Verfahren eingeleitet wurde, zeigt, dass die Verfassung nicht zahnlos ist. Dass Erkenntnisse des Verfassungsgerichtshofs durchgesetzt werden können." Allein das sei schon eine wichtige Botschaft. Zweitens kläre sich in dem Verfahren wahrscheinlich ja auch die Frage, ob Daten zurückgehalten wurden oder die Vorlagepflicht erfüllt wurde. Und drittens passiere die Lieferung an den Ausschuss. "Der erste Punkt ist erfüllt, also ist es nicht sinnlos."

Beauftragung des Gerichts als "Zeichen des Vertrauens"

Dass eine Richterin beigezogen wurde, sei die Entscheidung des Bundespräsidenten gewesen – an sich sei dies nicht die Aufgabe der Gerichtsbarkeit an sich. "Die Kollegin ist hier nicht als Richterin, sondern als verlängerter Arm des Bundespräsidenten tätig", betont Matejka. Dass der Bundespräsident sich mit seinem Antrag an ein Organ der Gerichtsbarkeit wendet, sieht sie als ein "Zeichen des Vertrauens". Van der Bellen habe offensichtlich jemanden gesucht, der zumindest annähernd mit solchen Sachverhalten bereits zu tun hatte. Staatsanwaltschaften seien einerseits weisungsgebunden und zweitens auch "so sehr involviert, gerade in diesem Prozess", sagt Matejka. Gerichte seien es hingegen gewohnt, weisungsfrei und unabhängig zu arbeiten. (Lara Hagen, 25.6.2021)