Moskau – Der in Belarus inhaftierte Oppositionelle Roman Protassewitsch und seine russische Freundin Sofia Sapega sind unter Hausarrest gestellt worden. Das berichtete der russische Ableger der BBC am Freitag. Protassewitsch und Sapega waren am 23. Mai aus einem in Minsk zur Landung gezwungenen Ryanair-Flugzeug verhaftet worden. Seither waren die beiden festgehalten worden. In einem von den belarussischen Behörden veröffentlichten "Geständnis"-Video zeigte Protassewitsch Spuren von Misshandlungen.

Roman Protassewitsch und Sofia Sapega werden seit einem Monat von den belarussischen Behörden festgehalten.
Foto: EPA/Kalnins

Sergey Dudich, der Stiefvater Sapegas, erklärte gegenüber der BBC, dass die Verlegung unerwartet gewesen sei. Sapega sei nun allein in einer angemieteten Wohnung in Minsk. Auch Protassewitschs Vater Dmitri Protassewitsch berichtete, sein Sohn werde nun in einer Wohnung in Minsk festgehalten. Die Behörden würden der Familie jedoch weiterhin jegliche Information zu den Inhaftierten verweigern.

Anklagepunkte

Die Mutter des Bloggers, Natalia Protassewitsch, gab im polnischen Exil zu bedenken, dass die Anklagepunkte der Staatsanwaltschaft weiter bestehen blieben. Die autoritäre Führung in Minsk wirft dem 26-jährigen Blogger unter anderem vor, Massenunruhen gegen Machthaber Alexander Lukaschenko organisiert und so die "öffentliche Ordnung grob verletzt" zu haben.

Protassewitschs Mutter sagte der Deutschen Presse-Agentur, ihre in Minsk lebende Tochter sei am Donnerstagabend zu einer ihr gegenüber angegebenen Adresse gefahren, habe Roman dort angetroffen und ihm Essen und Kleidung übergeben. Sapegas Anwalt sagte dem unabhängigen Internetsender Doschd, die 23-Jährige habe ihre Eltern in einem Restaurant in der Hauptstadt Minsk getroffen. Allerdings gebe es Auflagen im Hausarrest. So dürfe sie nicht übers Internet kommunizieren und werde bewacht, sagte der Anwalt der Agentur Interfax. Er führte die Entwicklung auf ein Treffen von Russlands Staatschef Wladimir Putin mit Lukaschenko zurück.

Tichanowskaja mit Familie in Kontakt

Oppositionsführerin Swetlana Tichanowskaja sprach von einer "guten Nachricht". Zugleich betonte sie: "Hausarrest ist keine Freiheit." Protassewitsch und Sapega seien "Geiseln" des Systems von Lukaschenko, sie seien weiter angeklagt und stünden unter dem Druck ihrer Peiniger. Zudem säßen weiter mehr als 500 Polit-Gefangene in belarussischen Gefängnissen.

Die umstrittene Festnahme Protassewitschs und seiner Freundin hatte zu massiver Kritik im Westen geführt und zu neuen Sanktionen. Belarussische Behörden hatten am 23. Mai eine von Athen nach Vilnius fliegende Ryanair-Passagiermaschine zu einer Zwischenlandung in Minsk gezwungen. Der in dem Flieger reisende Blogger und Oppositionsaktivist Protassewitsch und seine Freundin Sapega wurden dann dort festgenommen. Machthaber Alexander Lukaschenko sieht sich nach der Operation, bei der auch ein Kampfjet aufgestiegen war, wegen eines gefährlichen Eingriffs in den Luftraum in der Kritik. (red, Reuters, APA, 25.6.2021)