Williams plant in Wimbledon den großen Wurf. Mit einem Triumph an der Londoner Church Road würde sie sich zur ältesten Grand-Slam-Siegerin der Geschichte krönen.
Foto: APA/AFP/DANIEL LEAL-OLIVAS

Vor gut zwei Jahren, am Nachmittag des 13. Juli 2019, war Serena Williams ganz nah dran, ihren Traum zu realisieren. Die US-Amerikanerin stand im Wimbledon-Finale. Ein Sieg noch, und sie hätte den 24. Titel bei einem Grand-Slam-Turnier verbucht. Seit Februar 2017 fehlt ihr ein Major-Triumph auf Margaret Court, die australische Tennislegende, die in den vergangenen Jahren häufig mit homophoben Aussagen auffiel. "Sie wird nicht aufhören, bis sie es geschafft hat", sagt Williams’ Coach Patrick Mouratoglou, der sie seit neun Jahren betreut.

Williams spielte also im Finale, gegen Simona Halep. Im direkten Duell mit der smarten Rumänin lag sie 9:2 vorn. Sie war Favoritin, für manche die haushohe. Und nach nur 56 Minuten war alles vorbei. Halep machte im ganzen Match nur lächerliche drei unerzwungene Fehler – Rekord für ein Major-Finale. Und sie fügte Williams deren höchste Niederlage auf Rasen zu: 2:6, 2:6. "Nichts hat heute geholfen", sagte eine enttäuschte Williams. Schon 2018 war sie im Finale gestanden. Es half nicht viel mehr – 3:6, 3:6 nach 65 Minuten gegen Angelique Kerber.

Wimbledon

Trotz, nein, gerade wegen dieser Rückschläge ist die 39 Jahre alte Williams bei den am Montag beginnenden All England Lawn Tennis Championships (live auf Sky) eine Favoritin auf den Titel. Sie zählt zu den größten Spielerinnen ihres Sports, ein weiterer Major-Titel würde diese Nachrede unterstreichen.

107 Rasenmatches gewann sie in ihrer Karriere, bei 14 Niederlagen. 319 Wochen lang war sie die Nummer eins der Welt. Sie dominierte einmal, im Jahr 2015 war das, ihre Konkurrenz so sehr, dass sie mehr als doppelt so viele Punkte auf dem Konto hatte wie die Zweite der Weltrangliste. Sie gewann jedes Grand Slam mindestens dreimal, das ist bisher weder Novak Djokovic noch Rafael Nadal oder Roger Federer gelungen.

Schnelle Entscheidung

Gerade auf Rasen, wo die Ballwechsel aufgrund des flachen Ballabsprungs kürzer sind als auf anderen Belägen, kommen die Stärken der Nummer acht der Welt besser zur Geltung. Sie besitzt einen der besten Aufschläge der Szene, ihr Return ist gefürchtet. In der Offensive fühlt sie sich am wohlsten, mit harten Grundschlägen sucht sie stets die schnelle Entscheidung. Um Punkte zu beenden, läuft sie gerne ans Netz, mit ihrer Sicherheit bei Überkopfbällen und Volleys kein Wunder.

Auch am Netz eine Macht.
Foto: imago images / Action Plus

Als Serena Williams drei Jahre alt war, brachten sie ihre Eltern zum Tennis. Vater Richard entschied früh, dass sie genauso wie ihre um ein Jahr ältere Schwester Venus Profi wird. Es setzte Heimunterricht, das Leben war einzig auf Tennis ausgerichtet. "Ich komme aus keiner reichen Familie, aber meine Familie ist reich im Geiste", sagte Serena einst. Mit dem Reddit-Mitgründer Alexis Ohanian gründete sie selbst eine, 2017 kam Tochter Olympia zur Welt.

Sich selbst beschreibt Williams als chaotisch. Sie habe eine kurze Aufmerksamkeitsspanne, sagt sie. Das ist bemerkenswert, Menschen aus ihrem nahen Umfeld streichen ihre Besessenheit hervor, mit der sie sich ständig verbessern will. "Lass niemanden härter arbeiten, als du selbst arbeitest", lautet ihr Motto. Noch ein Satz, der ihre Mentalität unterstreicht: "Wenn mir etwas nicht gelingt, mache ich weiter, bis es so weit ist." Was ihr schon lange gelingt, ist der Einsatz gegen Rassismus und Sexismus. "Der Tag, an dem ich aufhöre, für Gleichberechtigung zu kämpfen, ist der Tag, an dem ich im Grab liege", sagt Williams. Sie fordert gleiche Preisgelder für Frauen und Männer. Und sie spendet unter anderem an Schulen in Afrika und Spitäler in Brennpunktgebieten in den USA.

Goldene Gelegenheit

Im Wimbledon geht das Hauptfeld ohne österreichische Beteiligung über die Bühne. Barbara Haas und Julia Grabher scheiterten in der Qualifikation. Tamira Paszek war 2016 die letzte ÖTV-Spielerin im Frauen-Einzel. Bei den Männern ist nach der Verletzung von Dominic Thiem Dennis Novak der einzige Österreicher, er fordert Steve Johnson (USA).

Williams beginnt in der ersten Runde gegen Aljaksandra Sasnowitsch. Die Frau aus Belarus ist die Nummer 100 der Welt, es gab schon größere Aufgaben im Sport. Etwa in der dritten Runde, dort könnte es zur Revanche des Finales von 2018 gegen Kerber kommen. Chris Evert, 18-fache Major-Siegerin, sagt über Williams’ Jagd auf den 24. Major-Titel: "Das jetzt ist ihre goldene Gelegenheit." (Lukas Zahrer, 27.6.2021)