Landwirtschaftsministerin Elisabeth Köstinger ist mit dem Deal erfreut. Kritiker warnen vor "Greenwashing".

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Zuletzt ging es doch noch schnell. Nach erfolglosem Abbruch im Mai haben sich die Abgeordneten des Europaparlaments und die Mitgliedsstaaten auf eine Reform der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) geeinigt. Künftig soll mehr Geld in Umwelt- und Klimaschutz investiert werden, heißt es. Bis 2027 haben die EU-Staaten rund 387 Milliarden Euro zur Unterstützung der Landwirtschaft vorgesehen. Agrarministerin Elisabeth Köstinger (ÖVP) zeigte sich zufrieden. "Es war wirklich höchste Zeit für diese Einigung, unsere Bäuerinnen und Bauern brauchen Planungssicherheit für die kommenden Jahre. Es braucht diese GAP-Reform, um die Landwirtschaft zukunftsfit und klimafit zu machen", lässt sie in einer Aussendung wissen.

Landwirtschaftsministerin Elisabeth Köstinger ist mit dem Deal zufrieden. Kritiker sprechen von "Greenwashing".
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An die heimischen Betriebe fließen über die Gemeinsame Agrarpolitik (GAP) jährlich rund 1,2 Milliarden Euro aus Brüssel. Österreich stockt auf rund 1,9 Milliarden auf. Sie verteidigte die Einigung auf Ökomaßnahmen wonach 25 Prozent der Direktzahlungen an Klima- und Umweltleistungen geknüpft werden sollen als Erfolg: "Die Einigung ist ein Öko-Meilenstein und bringt die europäische Agrarpolitik auf den Weg der nachhaltigen Landwirtschaft. Künftig werden mehr als 72 Milliarden Euro bei den Direktzahlungen für Klima- und Umweltleistungen zweckgewidmet."

Guter Kompromiss – fauler Kompromiss?

Auch einer Reaktion der ÖVP-Bauernbund-Politiker und EU-Abgeordneten Simone Schmiedtbauer ist von einem "am Ende guten Kompromiss" die Rede. Will heißen: Es bleibt viel so, wie es bisher war. Umweltschutzorganisationen wie Global 2000 zeigen sich tief enttäuscht. "Von der ursprünglich angepriesenen ,Grünen Architektur‘ ist nur noch ein grüner Anstrich übrig. Von einer ökologischen Trendwende fehlt jede Spur", beklagt Landwirtschaftssprecherin Brigitte Reisenberger und spricht von einem faulen Kompromiss. Der grüne EU-Abgeordnete Thomas Waitz warf den Mitgliedsstaaten schon mehrmals Uneinsichtigkeit vor und bleibt bei seinem Urteil.

Die Kompromisse blieben weit hinter den Ankündigungen des Green Deals zurück, weniger Pestizide einzusetzen, Umwelt, Klima und Biodiversität zu schützen und ökologischen Landbau zu fördern.

Der Streit um die Verteilung der Milliarden an die Landwirte ging über Jahre.
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Österreich stand bei den vielen Ambitionen wie Deckelung der Förderung oder mehr Ökoleistungen im Gegenzug für Flächenprämien auf der Bremse. Das hatte schon in den vergangenen Wochen für viel Kritik gesorgt. Zudem hatte Landwirtschaftsministerin Elisabeth Köstinger (ÖVP) dafür gekämpft, dass Maßnahmen des rot-weiß-roten Agrarumweltprogramms ÖPUL als neue Ökoregelungen angerechnet werden dürfen und damit auch für die nächste Periode die überwiegende Mehrheit der Direktzahlungen ohne Umweltleistungen ausgeschüttet wird.

Soziale Mindeststandards

Das fand auch eine Mehrheit, wie Waitz enttäuscht kommentiert: "Die Ökomaßnahmen von 25 Prozent mit einer einjährigen Lernphase von 20 Prozent sind unzureichend und können auch noch aus der kleineren, zweiten Säule der Agrarförderung gezogen werden und diese damit ausbluten." Auch eine Koppelung der Fördergelder an soziale Mindeststandards in den ersten zwei Jahren sei nur freiwillig und werde auf Wunsch der Mitgliedstaaten erst ab 2025 verpflichtend.

Fast drei Jahre hatten die Verhandlungen um einen der größten Fördertöpfe der EU gedauert. Einer der Knackpunkte neben der Umverteilung war, wie viel von den Direktzahlungen künftig an Umweltleistungen gebunden werden soll. Das Parlament forderte mehr, als die Länder bereit waren zu geben. Der Rat der Agrarminister hatte 20 Prozent vorgeschlagen, das EU-Parlament empfahl 30, Österreich sprach sich für 25 Prozent aus. Auch die lange geforderte Umverteilung von großen Agrarkonzernen und Landwirtschaften zu kleineren Betrieben sorgte für heftige Dispute.

Zurück an den Start?

Zehn Prozent der Direktzahlungen müssten an kleinere Betriebe umverteilt werden, forderte das EU-Parlament. Diskutiert wurde etwa eine Förderobergrenze von 100.000 Euro und eine schrittweise Abstufung der Gelder bei steigender Betriebsgröße ab 60.000 Euro. "Nicht mal mit einer Lupe lässt sich eine Spur von Reform in der Einigung entdecken", poltert Waitz und legt nach: Greenwashing werde als Erfolg gefeiert. Die EU-Grünen wollen nicht aufgeben und eine Mehrheit im Parlament gegen den Deal organisieren.

Auch der SPÖ-EU-Abgeordnete Günther Sidl fordert ein "Zurück an den Start": "Das ist eine Reform ohne jede Ambition, ein wirkliches Bekenntnis zu Klimaschutz und Biodiversität fehlt völlig." Teilweise fielen neue Regelungen hinter die Vorgaben aus der alten Gemeinsamen Agrarpolitik der EU (GAP) zurück. "Statt einer ausreichenden Verknüpfung der Auszahlung der Agrar-Milliarden mit Nachhaltigkeits-Zielen und Mindeststandards bei der Beschäftigung entscheidet nun wieder hauptsächlich die Anzahl der Hektar über die Höhe der Förderung." (Regina Bruckner, 25.6.2021)