Stilvollendet hochnäsig: Carlotta Colombo als Venus.

Foto: Nikola Milatovic

Wenn die Reichen von heute etwas zu feiern haben, lassen sie sich Beyoncé, Rihanna oder Rod Stewart einfliegen. Wie einfallslos! Da war früher schon ein bisschen mehr Esprit angesagt: Elisabeth Christine, Kaiserin von Österreich, bekam anno 1720 vom Gatten zum Namenstag eine komplette Oper geschenkt, samt Aufführung. Psiche hieß die Gabe von Kaiser Karl VI.; Hofdichter Apostolo Zeno hatte dafür Apuleius’ Liebesgeschichte von Amor und Psyche zu einem Libretto voller Verzückung, Verzweiflung und Gottheiten umgeformt. Venus’ Sohn verbietet seiner sterblichen Geliebten Psyche, sein Gesicht zu sehen: Nie sollst du mich betrachten! Doch die Neugier der Königstochter ist zu groß…

Hofkapellmeister Johann Joseph Fux vertonte die göttliche Geschichte. Diesen Sommer steht die Styriarte ja im Zeichen der umtriebigen Tochter von Amor und Psyche, der "Lust". Die Erdbeere grüßt von Karten und Programmheften, eine große Erdbeerskulptur mit vaginalem Touch lädt auch im Foyer der Helmut-List-Halle zum Verweilen ein.

Dass sich das Premierenpublikum im Hinterland des Hauptbahnhofs einfindet, ist dem Wetter geschuldet, das sich mindestens so wechselhaft präsentiert wie der Handlungsgang des Librettos. Bei stabilen Bedingungen hätte die Aufführung auf Schloss Eggenberg stattfinden sollen, doch nun müssen sich das Vorspiel auf der Picknickwiese (mit Spafudla), der Auftakt auf dem Vorplatz, die Darbietung der Oper im nüchternen Mehrzweckhallenambiente ereignen. Schade.

Anleihe beim Prater-Vorplatz

Man sieht da erst einmal ein Notbühnenbild, das mit dem Innenhof des Schlosses erst gar nicht mitzuhalten versucht, sondern eher Anleihen bei den Billigsdorfer-Malereien vom Prater-Vorplatz nimmt. Die Kostüme ebenfalls trashig: Falls in den 1970ern im Münchner Glockenbachviertel eine queere Kostümparty mit dem Motto "Barock" gefeiert wurde, dann wahrscheinlich so (Inszenierung: Adrian Schvarzstein, Ausstattung: Lilli Hartmann). Als gegen Ende Jupiter (Giacomo Nanni) seinen Auftritt hat, mit ondulierter Löwenmähne, geht kurz die Sonne auf. Immerhin.

Die Musik? Alfredo Bernardini und das Zefiro-Barockorchester präsentieren die farbige Oper mit Verve und Finesse. Es werden aber nur selten Klangwunder vollbracht; etwas welk die zwei Celli. In den vorderen Reihen klingt das Ensemble insgesamt fast etwas dominant. Bei den Solisten bieten die Damen solides Niveau: Carlotta Colombo ist als Venus ganz Hochnäsigkeit, Monica Piccinini singt die Psyche mit zartem, reinem Sopran. Der Countertenor von Raffaele Pe (Amor) besitzt Dringlichkeit, der von Christopher Ainslie (Merkur) nicht. Und so findet man es gar nicht so schade, dass Psiche in einer gekürzten 80-Minuten-Fassung gezeigt wird. (Stefan Ender, 27.6.2021)