Foda kann die Koffer in Seefeld packen.

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Am Sonntag, um 15 Uhr, folgte im Base Camp in Seefeld der Cut. Koffer packen, Umarmungen in der Lobby, ein paar Schmähs zum Abschied. Franco Foda hielt eine kurze Ansprache, bedankte sich bei den Spielern, wies darauf hin, "dass ein ganzes Land stolz auf euch ist. Es wurde eine neue Identität geschaffen."

Und die heldenhaften Fußballer schwärmten aus wie die Bienen. Einige (u. a. David Alaba) flogen gemeinsam per Privatjet nach Wien, EM-Teilnehmer sind keine Armutschkerln. Martin Hinteregger frönte seiner großen Leidenschaft, ein Hubschrauber beförderte ihn nach Salzburg, vermutlich hat er ihn selbst gesteuert. Aber es gab weniger originelle Heimreisen, zum Beispiel mit dem Auto. Der 55-jährige Foda wählte den Zug nach Graz.

Gemischte Gefühle

Davor gab der Deutsche eine letzte Zoom-Pressekonferenz, ließ die EM, die im Achtelfinale für Österreich im Wembley mit einem furiosen 1:2 gegen Italien endete, Revue passieren. Er sei traurig und stolz zugleich, habe die viereinhalb Wochen genossen. "Ich bin fitter als nach einem zehntägigen Lehrgang. Es hätte noch gerne weitergehen können. Eine Niederlage, und alle gehen weg."

Das 1:0 für Italien.
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Sämtliche Ziele seien erreicht worden. "Wir wollten Geschichte schreiben, das ist uns gelungen." Erster EM-Sieg (3:1 Nordmazedonien), Aufstieg ins Achtelfinale als bester Zweiter (1:0 Ukraine). Okay, das 0:2 gegen die Niederlande sei nicht vorgesehen gewesen. Und er gab zu, vor der Italien-Partie die Öffentlichkeit angelogen zu haben. "Intern haben wir uns nie als Außenseiter gesehen. Wir hatten einen Plan, um sie zu schlagen, fast wäre er aufgegangen."

Der Spirit

Die gesamte Mannschaft habe ihn beeindruckt. "Eine tolle Kameradschaft, ein toller Spirit. Und jeder war verantwortungsvoll, wir hatten in unserer Blase keinen Covid-Fall." Ein Lagerkoller wurde vermieden. "Wir haben viel gemeinsam unternommen, etwa Grillabende."

Der Hunger nach Erfolg (nicht nach Steaks), die Konzentration und Lockerheit auf dem Platz seien großartig gewesen. Die Zukunft schaue rosig aus, das Team sei jung, ein Umbruch, wie er nach Großereignissen oft vorkommt, sei eventuell bei anderen Nationen nötig, "wir haben fünf aus der U21 eingebaut". Xaver Schlager, Konrad Laimer, Sasa Kalajdzic, Christoph Baumgartner, Philipp Lienhart.

Quälende Entscheidungen

Noch am ganz späten Samstagabend im Wembley hatte Foda gesagt: "Jetzt haben die Kritiker einmal zwei, drei Woche Pause. Und danach dürfen sie uns wieder kritisieren." Am Tag danach relativierte er. "Ich empfinde keine Genugtuung. Ich habe immer einen Plan, versuche meinen Weg zu gehen. Trainer müssen liefern." Er selbst habe die EM als "außergewöhnlich" empfunden.

"Angekotzt" habe ihn nur, dass immer drei der 26 Spieler auf der Tribüne sitzen mussten. "Warum tut das die Uefa?" Zum Positiven: "Du stehst im Mittelpunkt, bist transparent. Die Welt schaut auf dich." Österreichs Auftritt gegen Italien wurde begeistert aufgenommen. "Sogar ich wurde für meine Taktik gelobt. Aber die Protagonisten sind die Spieler."

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Das österreichische Tor.
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Der Schauer

Nach dem Scheitern hat sich Foda noch einmal im Wembley umgeschaut. Da sei ihm der eisige Schauer über den Rücken gelaufen. "Ich war ja zum ersten Mal da." Die Anlage habe ihn fasziniert, die Kabinen, die Infrastruktur. Auch die Möglichkeiten in Bukarest seien "unfassbar" gewesen. Österreich hinke infrastrukturell hinterher. "Wir brauchen ein Kompetenzzentrum. Eigene Fußballplätze, Büroräume und ein echtes Nationalstadion. Damit wir nicht wie die Nomaden herumziehen müssen."

Besonders emotional in der Italien-Partie sei die 65. Minute gewesen. Marko Arnautović hatte das vermeintliche 1:0 geköpfelt. Nach rund vier Minuten entschied der VAR auf kein Tor. Richtigerweise, es war knapp abseits. "Trotzdem bin ich Befürworter des Videoschiedsrichters." Arnautović ist es nicht. Er dürfte aus China zurück nach Europa wechseln. Der FC Bologna ist höchst interessiert.

WM-Quali wartet

Es gehe nun darum, so Foda, den nächsten Schritt zu setzen. Wir haben gezeigt, dass wir mit den ganz Großen auch 120 Minuten mithalten können. Nun müssen wir sie auch schlagen." Der Begriff "historische Niederlage" sei etwas irreführend. Historisch war 1999 das 0:9 in Valencia gegen Spanien. Foda: "Gegen Italien war die Leistung historisch."

Der Fußball geht weiter, Anfang September wird die WM-Quali fortgesetzt. Der Start ist missglückt, nun warten Moldau und Israel auswärts sowie Schottland daheim. "Wir müssen aufholen. Um in Katar Große zu schlagen." Daniel Bachmann bleibt im Tor. Das Wichtigste sei, "dass alle gesund bleiben". Der ORF vermeldete bis zu 2,1 Millionen Seher. Der nächste Cut kann kommen. (Christian Hackl, 27.6.2021)