
Janko: "Es hat schon einiges an Handlungsbedarf gegeben, was Stimmung und internes Konstrukt betrifft"
Wien – Vor Beginn der Fußball-EM hat Marc Janko vor Problemen beim ÖFB-Team gewarnt. Der Ex-Goalgetter erachtete den eher abwartenden Spielstil von Coach Franco Foda für nicht ideal für die ÖFB-Auswahl und spekulierte über atmosphärische Störungen innerhalb der Truppe. Die Befürchtungen sollten sich aber nicht bewahrheiten – Österreich stieg ins Achtelfinale auf und verabschiedete sich dort nach starker Leistung gegen Italien.
Janko legt nun Wert auf die Feststellung, dass seine Wortmeldungen nicht als Kritik gesehen werden sollten. "Aber ich glaube, dass es ein Impuls war, dass das eine oder andere nachgeschärft werden muss. Peter Schöttel (ÖFB-Sportdirektor, Anm.) und Leo Windtner (ÖFB-Präsident) haben nach dem Aufstieg ins Achtelfinale bestätigt, dass der Impuls wahrscheinlich schon vorher gekommen ist. Zum damaligen Zeitpunkt hat es schon einiges an Handlungsbedarf gegeben, was Stimmung und internes Konstrukt betrifft", sagt der 38-Jährige.
Janko: "Leistungen waren sensationell"
Diese Hausaufgaben wurden offensichtlich mit Bravour erledigt, wie die starken Darbietungen gegen Italien und davor gegen die Ukraine zeigten. "Die Leistungen in diesen Spielen waren sensationell. Das hatte nur noch ganz wenig damit zu tun, wie die Mannschaft davor aufgetreten ist. Da war sie wie ausgewechselt, das hat mit extrem gut gefallen", erklärte der 70-fache Internationale (28 Tore).
Die beiden letzten Turnierpartien der ÖFB-Auswahl bezeichnete Janko als "Quantensprung. Was genau intern passiert ist, kann ich nicht sagen, aber es ist definitiv etwas passiert. Ich hatte das Gefühl, das Team hat sich freigeschwommen, es wurde die richtige Balance gefunden, jetzt ist es ein Organismus, wo alles ineinandergreift."
Die signifikante Steigerung hat laut Janko auch einen Umschwung in der öffentlichen Wahrnehmung des Nationalteams bewirkt. "Davor hatte ich den Eindruck, wir haben uns für eine EM qualifiziert, und es ist den Leuten egal." Nun aber herrsche wieder eine Begeisterung, die am Köcheln gehalten werden solle.
Damit das gelingt, würde sich Janko ein Beibehalten der Viererkette wünschen, mit der es gegen die Ukraine und Italien gut funktionierte. Gegen Nordmazedonien und die Niederlande hatte Foda in der Defensive auf eine Dreierkette gesetzt. "Es ist augenscheinlich, dass der Mannschaft ein System mit einer Viererkette am besten zu Gesicht steht. Da ist große Sicherheit und Balance da, da kann man auch Mannschaften wie Italien auf Augenhöhe begegnen", erklärte Janko.
Krankl: "Es bleibt eine Niederlage"
"Die Mannschaft hat das erreicht, was aufgrund ihrer Qualität ein Muss ist", sagt wiederum ÖFB-Legende Hans Krankl und zog Bilanz: "Das Spiel gegen Nordmazedonien war mittelmäßig, das müssen wir gewinnen. Dann waren wir gegen die Holländer chancenlos. Da waren wir an diesem Tag zu schwach, das muss man akzeptieren. Gegen die Ukraine haben wir dann gezeigt, was wir draufhaben."
Besonders angetan zeigte sich Krankl von der Darbietung gegen Italien. "In der ersten Hälfte war es noch zu wenig, aber die zweite Hälfte war hervorragend. Bei den Toren war dann die individuelle Qualität entscheidend." Das ÖFB-Auftreten in Wembley sei "anständig und tadellos" gewesen. "Aber man darf nie vergessen – wir haben verloren. Man kann auf die Leistung stolz sein, doch es bleibt eine Niederlage."
Polster: "Damit war nicht wirklich zu rechnen"
Toni Polster hatte nach eigenen Angaben vor Turnierbeginn große Zweifel am ÖFB-Team. Mit einem derartig starken Auftritt wie gegen Italien sei "nicht wirklich zu rechnen gewesen", meinte der Rekordtorschütze des Nationalteams (44 Treffer). "Die Spiele vor der EM waren ja relativ schlecht, relativ bescheiden. Aber die Mannschaft hat sich zum richtigen Zeitpunkt zusammengerissen und gezeigt, was in ihr steckt. Sie hat das momentan beste Team bei der EM an den Rand einer Niederlage gebracht. Das war für mich in der Art und Weise, wie es passiert ist, überraschend."
Das Italien-Match brachte für Polster eine überaus positive Erkenntnis: "Man muss sagen, es war eine richtig gute Euro von uns. Die Erwartungen sind nicht nur erfüllt, sondern übertroffen worden." (APA, 28.6.2021)