Damit ein neuer Mietgegenstand vorliegt, reicht die bloße Umstrukturierung der Räume durch das Entfernen oder Aufstellen von Zwischenwänden nicht aus.

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Wohnungen, die nach 1945 "neu geschaffen" wurden, unterliegen nicht den Mietobergrenzen des Mietrechtsgesetzes (MRG). In der Praxis stellt sich daher oftmals die Frage, wann eine Immobilie als "neu" gilt. Die Beurteilung ist schwierig, hat aber große Auswirkungen darauf, wie teuer sie vermietet werden darf. Im Fall einer im Jahr 1962 umgebauten alten Waschküche verneinte der Oberste Gerichtshof (OGH) kürzlich die "Neuschaffung" der Wohnung. Die Eigentümerin hätte sich daher an die Richtwerte im MRG halten müssen. Die Mieterin bekommt ihr zu viel bezahltes Geld zurück (OGH 20.4.2021, 5 Ob 170/20s).

Die Frau hatte von 2013 bis 2018 eine Dachgeschoßwohnung in Wien-Leopoldstadt gemietet. Nach Ende des Vertragsverhältnisses wandte sie sich ans Gericht. Das Argument: Die alte Immobilie war ursprünglich eine Waschküche samt Bügelbereich und WC und wurde im Jahr 1962 in eine Wohnung umgebaut. Dabei habe es sich nicht um eine "Neuschaffung" gehandelt. Die Mietobergrenzen für ältere Mietobjekte seien daher anwendbar.

Verfahren über alle Instanzen

Zunächst bekam die Frau vom Bezirksgericht recht. Es verpflichtete die Vermieterin zur Rückzahlung der zu viel eingeforderten Miete. Die von der Eigentümerin angerufene zweite Instanz hob die Entscheidung allerdings auf. Beim Umbau seien eine zusätzliche Wand und zwei kleine Räume errichtet worden. Dazu kamen der Einbau eines Bades und die Vergrößerung der Fenster. All dies spreche dafür, dass die Wohnung "neu geschaffen" wurde. Durch den Umbau des Dachbodens, der bis dahin allgemein genutzt wurde, sei ein neues Mietobjekt entstanden.

Die Entscheidung des Berufungsgerichts wurde wiederum von der Mieterin bekämpft – und das mit Erfolg: Der Oberste Gerichtshof kam zum selben Ergebnis wie das Bezirksgericht. Der Begriff der "Neuschaffung" sei streng auszulegen. Sie liege nur dann vor, wenn neue Wohnungen entstehen, die bisher überhaupt nicht zur Verfügung standen oder zur Verwendung als Wohnräume oder Geschäftsräume nicht geeignet waren. Dass der Gerichtshof dabei auch in der Vergangenheit einen strengen Maßstab anlegte, zeigt ein Blick auf die bisherige Rechtsprechung: So wurden etwa die Umgestaltungen eines Holzschupfens in ein Geschäftslokal oder eines Pferdestalls in Wohnräume nicht als Neuschaffung eingestuft.

Bloßer Umbau reicht nicht

Damit ein neuer Mietgegenstand vorliegt, reiche die bloße Umstrukturierung der Räume durch das Entfernen oder Aufstellen von Zwischenwänden nicht aus, erklärte das Höchstgericht. Auch im konkreten Fall läge nur eine Umgestaltung vor. Die Räumlichkeit habe schon vor 1962 über ein WC im Inneren, zwei durch eine Wand getrennte Räume und einen Strom- und Wasseranschluss verfügt. Daher sei die Immobilie auch schon vor dem Umbau für Wohn- und Geschäftszwecke geeignet gewesen, eine Neuschaffung liege nicht vor. Für die Vermietung bilde daher der Richtwertmietzins des Mietrechtsgesetzes die Obergrenze. Die Mieterin bekommt darüber hinausgehende Zahlungen zurück. (Jakob Pflügl, 29.6.2021)