Das Mädchen dürfte laut aktuellen Ermittlungsergebnissen mit den Tatverdächtigen bekannt gewesen sein.

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Im Fall des 13 Jahre alten Mädchens, das am Samstag in Wien-Donaustadt tot aufgefunden wurde, hat die Polizei zu Wochenbeginn zwei afghanische Staatsbürger festgenommen. Die beiden, 16 und 18 Jahre alt, werden verdächtigt, das Mädchen getötet zu haben. Am Dienstag folgt deren Einvernahme durch die Exekutive.

Landespolizeipräsident Gerhard Pürstl erklärte bei einer Pressekonferenz am Dienstagvormittag, dass das Mädchen laut den aktuellen Ermittlungen mit den Tatverdächtigen bekannt gewesen sein dürfte. Sie soll auch freiwillig in die Wohnung eines Verdächtigen gelangt sein. Dort soll es zu Drogenkonsum gekommen sein. Die 13-Jährige soll in der Wohnung des 18-Jährigen Ecstasy konsumiert haben, präzisierte Pürstl. Ob sie weitere Substanzen genommen hat, soll ein toxikologisches Gutachten klären.

Der 13-Jährigen seien wohl Drogen verabreicht worden "mit dem Ziel, sie gefügig zu machen", sagte Pürstl. Gemäß dem Ermittlungsstand dürfte es in weiterer Folge zu "schweren strafbaren Handlungen gegen die sexuelle Integrität" gekommen sein

Weiterhin offene Fragen

Die genauen Umstände, die zum Tod führten, sind noch unklar. Ebenso, wie das Mädchen auf die Straße gelangt ist. Die Exekutive geht davon aus, dass der Tatort die Wohnung des 18-jährigen Tatverdächtigen ist, die sich in der Nähe des Auffindungsorts der Leiche befindet. Laut Pürstl ist noch unklar, ob es bei den zwei Tatverdächtigen bleibt oder noch weitere Verdächtige dazukommen.

Innenminister Karl Nehammer (ÖVP) zeigte sich "fassungslos" über den Fall. Bei den beiden Tatverdächtigen handle es sich um zwei afghanische Staatsbürger, die als Asylwerber nach Österreich kamen, erklärte Nehammer. Der 18-Jährige sei ein subsidiär Schutzberechtigter, der aufgrund von Straffälligkeiten vorbestraft ist und 2019 seinen Schutzstatus verloren hat. Dagegen soll der Mann Einspruch eingelegt haben. Das Verfahren sei noch anhängig.

Elf Anzeigen

Ab 2018 erfolgten insgesamt elf polizeiliche Anzeigen, unter anderem wegen Suchtgifthandels, gefährlicher Drohung und Raufhandels. 2018 wurde er erstmals verurteilt, er fasste zwei Monate bedingt aus. 2019 kassierte er nach dem Suchtmittelgesetz zehn Wochen bedingt. Im Vorjahr setzte es dann wegen räuberischen Diebstahls zehn Monate unbedingt – er wurde jedoch bereits im August vorzeitig bedingt entlassen und befand sich seither wieder auf freiem Fuß.

Da der Betroffene zur Zeit der Aberkennung seines Schutzstatus noch minderjährig war, war aufgrund der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) seine Abschiebung unzulässig. Das Bundesverwaltungsgericht hätte im Hinblick auf die mehrfache Straffälligkeit des Burschen jedoch die Möglichkeit gehabt, den Abschiebeschutz aufzuheben und im Sinne eines Beschleunigungsgebots eine Abschiebung ab Volljährigkeit des gebürtigen Afghanen zu ermöglichen.

Der 16-Jährige wiederum habe erst in diesem Jahr einen Asylantrag gestellt. Er weist bisher keine Vorstrafen auf.

Nehammer stellte klar: Sollte sich herausstellen, dass es sich bei den Verdächtigen tatsächlich um die Täter handelt, "werden wir weiterhin zum Beispiel wie in diesen Fällen konsequent nach Afghanistan zurückschieben". Wer flüchte und in Österreich Schutz suche, müsse sich an die Gesetze halten: "Wer das nicht tut, muss gehen."

Die Ermittler hoffen, dass die Bilder aus der Überwachungskamera einer Apotheke Lösungsansätze bringen. Das Mädchen wurde am Samstagmorgen in der Viktor-Kaplan-Straße bei einem Alleebaum gefunden. Bei der Obduktion kam heraus, dass das Mädchen erstickt worden war.

Kurz "extrem wütend": Kein Abschiebestopp

Bundeskanzler Sebastian Kurz sprach Dienstagmittag bei einem Medientermin der Familie des Mädchens sein "tiefes Mitgefühl" aus und kündigte eine scharfe Gangart gegen straffällig gewordene Asylwerber an. Er werde diesbezüglich seine "konsequente Linie fortsetzen", meinte der Kanzler vor Journalisten: "Mir mir wird es definitiv keinen Abschiebestopp nach Afghanistan und keine Aufweichung der Asylgesetze geben." Nach "solchen barbarischen Verbrechen" könne man "nicht zur Tagesordnung übergehen", betonte Kurz. Das Verbrechen, das das Mädchen mit dem Leben bezahlt hatte, mache ihn "extrem wütend. Ich halte es für untragbar, dass Menschen zu uns kommen, Schutz suchen und solche grausamen, barbarischen Verbrechen begehen", sagte der Kanzler.

FPÖ fordert Abschiebeoffensive, SPÖ "null Toleranz"

Die FPÖ fordert anlässlich des Falls eine Abschiebeoffensive nach Afghanistan. "Kriminelle und integrationsunwillige Afghanen" sollten abgeschoben werden, sagte Wiens FPÖ-Chef Dominik Nepp. Bei allen asylberechtigten Afghanen solle zudem überprüft werden, ob der Asylgrund überhaupt noch bestehe.

FPÖ-Chef Herbert Kickl legte einen "Zehnpunkteplan" vor, der unter anderem das Ansinnen beinhaltet, alle Asylanträge auf österreichischem Boden auszusetzen und Abschiebungen auch nach Afghanistan und Syrien durchzuführen, sowie die Forderung nach sofortigem Abbruch des Asylverfahrens beziehungsweise der Aberkennung des Asylstatus bei straffälligen Asylwerbern. Niederösterreichs Asyl- und Integrationslandesrat Gottfried Waldhäusl (FPÖ) wiederum machte Innenminister Nehammer und Justizministerin Alma Zadić (Grüne) für die "unfassbare Tat mitverantwortlich". Er werde "definitiv keinen einzigen straffälligen Asylwerber mehr in Niederösterreich dulden".

SPÖ-Sicherheitssprecher Reinhold Einwallner griff ebenfalls Innenminister Nehammer an. Es laufe etwas falsch, wenn straffällige Asylwerber frei herumlaufen, während Schülerinnen mitten in der Nacht abgeschoben werden, sagte Einwallner. Nehammer müsse seine Arbeit machen. "Hier muss null Toleranz gelten", sagte der rote Sicherheitssprecher: "Wir haben Rückführungsabkommen mit Afghanistan, warum wurde hier nicht gehandelt?"(Jan Michael Marchart, APA, 29.6.2021)