Autor: Norbert Koller (Energiepark Bruck/Leitha)

In der öffentlichen Diskussion rund um die angestrebten Klimaziele (EU Roadmap 2050) herrscht meist nur ein Lösungsansatz zur Bewältigung der Treibhausproblematik vor – nämlich der (legitime!) Ansatz den Ausstoß von CO2 zu vermeiden bzw. stark zu vermindern.

Im Wissenschaftsbereich wird aber ebenso schon seit Jahren über das "Einfangen" von CO2 (Carbon Capture) diskutiert, nachgedacht und geforscht. Je unaufwändiger sich "Carbon Capture" gestaltet, desto interessanter werden daran anknüpfende Verwertungsprozesse und so kann aus dem "ungeliebten" CO2 ein wertvoller Rohstoff werden.

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Forschungsprojekt "PTLiquid"

Genau hier setzt das seit 2018 laufende Forschungsprojekt "PTLiquid" (Power to Liquid) an. Die TU Wien und der Energiepark Bruck/Leitha (gemeinsame Anbieter des postgradualen MSc Programmes Renewable Energy Systems) fungieren dabei seit 2018 als Projektpartner und unterstützen das Team rund um Projektleiter Dr. Günther Bochmann von der Universität für Bodenkultur Wien. Die Biogas Bruck/Leitha (Teil der Energiepark Bruck/Leitha–Gruppe) liefert dabei wesentliche Erkenntnisse aus Sicht eines Produzenten und Anbieters. Mit Prof. Michael Harasek, seit langem Lektor im Masterlehrgang MSc Renewable Energy Systems, bringt auch die TU Wien Expertise im Feld der Verfahrenstechnik und Modellierung ins Projektteam ein.

Ziel des Projektes ist die Entwicklung eines mehrstufigen, mikrobiologischen Verfahrens zur Herstellung flüssiger Treibstoffe (P2L) ausgehend von CO2 und H2. Das benötigte CO2 wird dabei dem Biomethan-Produktionsprozess entnommen, aus dem es in hochreiner Form während der Biogasreinigung abgeschieden wird.

Zu Beginn des PTL-Prozesses wird das CO2 über einen enzymatischen Prozess (Carbonanhydrase) zu Hydrogencarbonat transformiert und dabei verflüssigt (derselbe biochemische Vorgang spielt sich übrigens auch im menschlichen Körper ab. CO2 wird dadurch im Blut zur Lösung gebracht, um anschließend über die Lunge abgeatmet werden zu können).

Im nächsten Prozessschritt wird Essigsäure (Acetogenese) hergestellt und daraus abschließend das gewünschte Ethanol (Biokraftstoff).

Es gilt vorerst, den Prozess im Labormaßstab effizient und stabil zu gestalten, um ihn dann anschließend hoch zu skalieren. Eine Lifecycle-Analyse (LCA) wird ebenfalls durchgeführt.

Dieser Ansatz könnte für Biomethanproduzenten eine neue Perspektive sein, ihre Prozessketten um eine weitere Stufe zu erweitern und neben Biomethan auch Bio-Flüssigtreibstoffe herzustellen.

Neben einem zusätzlichen Standbein für Biomethananlagen, können Bio-Flüssigtreibstoffe (wie auch Biomethan) eine wesentliche Rolle in einem transformierten Energiesystem einnehmen, indem sie ergänzend zur volatilen Windkraft bzw. Photovoltaik für die Bereitstellung von Ausgleichsenergie herangezogen werden.