Viel Zeit ist nicht mehr. In einem halben Jahr soll in Österreich eine CO2-Bepreisung kommen, ein Konzept wurde bisher noch nicht veröffentlicht. Mittlerweile sind aber nicht nur die Grünen bemüht zu versichern, dass die Ökoabgabe kommt; auch in der Volkspartei wird das erste Quartal 2022 als Startdatum kommuniziert. Denn die ökosoziale Steuerreform wurde auch im Rahmen des EU-Aufbauplans in Brüssel gemeldet. Damit das gesamte Geld aus dem EU-Topf fließt, müssen den Worten also Taten folgen.

Sehr klare Worte zu dem Thema fand am Dienstag jedenfalls ein ehemaliger Chef der Volkspartei: "Das Herumreden hilft nicht mehr", sagte Josef Riegler, Ehrenpräsident des Ökosozialen Forums, in einer Onlinediskussion. Der ehemalige schwarze Vizekanzler sieht in einem CO2-Preis eine "absolute Notwendigkeit". Es gebe "keinen besseren Hebel, um die Entwicklung in die richtige Richtung zu lenken". Es sei an der Zeit, endlich Nägel mit Köpfen zu machen.

CO2 soll in Österreich einen Preis bekommen. Höhe und Modell sind noch unklar.
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Dieser Meinung ist auch Angela Köppl, Ökonomin und Klimaexpertin am Wirtschaftsforschungsinstitut. Sie sieht eine CO2-Steuer als zentrales Instrument, das allerdings in einen weiteren klimapolitischen Instrumentenmix eingebaut werden müsse. Wichtig sei, dass die Einnahmen aus der Steuer nicht zurück ins allgemeine Budget fließen, sondern rückverteilt werden, erklärt die Wirtschaftsforscherin.

Drei Optionen

Dafür gibt es laut Köppl drei Möglichkeiten: Die Einnahmen können als Ökobonus wieder ausgeschüttet werden. In der Regel erhalten Einkommensschwächere dabei einen höheren Anteil. Hier stellt sich jedoch auch die Frage, ob das Geld nur für klimafreundliche Ausgaben – wie etwa Öffi-Tickets – eingesetzt werden darf oder die Mittel ein rein finanzieller Bonus sind.

Eine zweite Möglichkeit sei eine Arbeitskostenreduktion, sagt Köppl. Die in Österreich relativ hohen arbeitsbezogenen Steuern und Abgaben könnten also reduziert und durch die CO2-Steuer gegenfinanziert werden. Die Rückverteilung hätte somit allerdings keinen Klimabezug mehr, sagt die Wissenschafterin. Der Anreiz, das eigene Verhalten klimafreundlicher auszurichten, würde also fehlen.

Als dritte Option nennt die Ökonomin direkte Investitionen in Klimaschutzmaßnahmen. Diese Möglichkeit könne zwar kurzfristige negative Verteilungseffekte hervorrufen; durch die Investitionen könnten Emissionen jedoch über einen langen Zeithorizont eingespart werden. Als Beispiel nennt Köppl die langfristig niedrigeren Kosten, die bei einem thermisch sanierten Haus anfallen.

Kein Vorreiterland

Österreich würde das Rad mit einem CO2-Preis jedenfalls nicht neu erfinden. Bereits in 61 Ländern weltweit gibt es entsprechende Initiativen. Schweden wird dabei häufig als Vorreiter herangezogen. Von dem Argument, dass Österreich nur einen kleinen Teil der weltweiten Emissionen verursache und deshalb nicht umgehend handeln müsse, hält Köppl nicht viel: "Jeder sollte gemessen an seinem Pro-Kopf-Beitrag Maßnahmen setzen." Die konsumbasierten Emissionen, also jener Anteil, den wir in anderen Regionen der Welt verursachen, seien um mehr als die Hälfte höher als der produktionsbasierte Ausstoß.

Viele Klimaschutzaktivsten fordern die Einführung einer CO2-Bepreisung.
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Und wie hoch soll der Preis sein? "Das ist die Gretchenfrage", sagt Köppl. Wichtig sei, dass er eine klare Signalwirkung habe, "er muss aber nicht gleich bei 200 Euro liegen". Würde 2022 ein CO2-Preis von 50 Euro eingeführt werden, würde sich der Spritpreis je Liter um zwölf oder 13 Cent erhöhen, rechnet die Ökonomin vor. Diese Erhöhung sei allein durch Schwankungen der Ölpreise normal.

Kein Alibi-Preis

"Mit Alibi-CO2-Bepreisungen erreichen wir gar nichts", sagte Josef Riegler zur Preisfrage. Als "Einstieg" könne er sich 50 Euro je Tonne vorstellen. Im Sinne der Planbarkeit hält es der ehemalige Landwirtschaftsminister für notwendig, dass konkrete Zeitpläne für den weiteren Preisanstieg festgelegt werden.

Das Ökosoziale Forum arbeitet derzeit selbst an einem Konzept zur CO2-Bepreisung. Wie das darin vorgesehene Modell aussieht, wollte man am Dienstag auf Nachfrage nicht kommentieren. Es sei nach wie vor in Arbeit. (Nora Laufer, 30.6.2021)