Wien – Ein Syrer soll die Polizei im Fall der toten 13-Jährigen in Wien-Donaustadt auf die möglicherweise richtige Spur gebracht haben. Als der Zeuge mit einem Bekannten, einem 18 Jahre alten Afghanen, über die Sache sprach, verriet ihm dieser Dinge, die nur ein Beteiligter wissen konnte. Der Syrer verständigte die Behörden, am Montagnachmittag nahmen die Beamten den Teenager in Wien-Alsergrund fest, zwei Stunden später wurde ein weiterer Verdächtiger, ein 16-Jähriger, auf der Donauinsel festgenommen.
Wie Innenminister Karl Nehammer (ÖVP) und der Landespolizeipräsident Wiens, Gerhard Pürstl, am Dienstag bei einer Pressekonferenz bekanntgaben, sollen die beiden Verdächtigen mit dem Tod der Niederösterreicherin aus dem Bezirk Tulln zu tun haben. Was genau, blieb aber zunächst unklar, da die beiden erst am Dienstag ausführlicher einvernommen wurden.
Fest steht offenbar, dass das Mädchen freiwillig in die Wohnung des 18-Jährigen in Wien-Donaustadt gekommen war, wo Drogen konsumiert worden sein sollen. Laut Pürstl sollen die beiden Afghanen dem Mädchen Ecstasy gegeben haben, um sie gefügig zu machen – in weiterer Folge soll es zu einem sexuellen Übergriff gekommen sein.
Gutachten notwendig
Wie die 13-Jährige, die laut der Obduktion erstickt ist und Blutergüsse aufwies, genau zu Tode kam, blieb zunächst aber offen – offiziell wird weiter wegen Mordverdachts ermittelt. Ebenso fehlt noch die Antwort, wie sie vom nahen Tatort zum Leichenfundort bei einer Apotheke in der Viktor-Kaplan-Straße gekommen und ob sie zu diesem Zeitpunkt noch am Leben gewesen ist. Pürstl zufolge wurde das Mädchen kurz vor ihrer Entdeckung durch Passanten am Samstagmorgen dort abgelegt. Für die genaue Rekonstruktion des zeitlichen Ablaufs werden aber wohl medizinische Gutachten notwendig werden.
Nicht ausgeschlossen wird von den Kriminalisten, dass sich noch andere Personen in der Wohnung aufgehalten haben könnten, auch hier sollen weitere Ermittlungen folgen. Wie sich das Opfer und die Verdächtigen kennengelernt haben, weiß die Polizei bisher offiziell auch nicht.
Brisant ist, dass der 18-jährige Verdächtige eigentlich nicht mehr in Österreich sein sollte, wenn es nach dem Bundesamt für Asyl- und Fremdenwesen gegangen wäre. Der Afghane war 2015 als unbegleiteter minderjähriger Flüchtling nach Österreich gekommen und hatte einen Asylantrag gestellt. Der wurde abgelehnt, stattdessen erhielt er 2016 subsidiären Schutz. Zwei Jahre später wurde er erstmals auffällig: Seit 2018 wurde er von der Polizei insgesamt elfmal angezeigt, unter anderem wegen Verstößen gegen das Suchtmittelgesetz, Beteiligung an Raufereien und gefährlicher Drohung.
In den Jahren 2018 und 2019 führten diese Anzeigen zu zwei bedingten Vorstrafen – zunächst zwei Monate, ein Jahr später kamen zehn Monate dazu. Bei seinem dritten Strafverfahren im Vorjahr hatte das Gericht keine Nachsicht mehr: Er wurde wegen räuberischen Diebstahls zu zehn Monaten Haft verurteilt. Bereits im August wurde er nach zwei Monaten vorzeitig bedingt aus dem Gefängnis entlassen und befand sich seither wieder auf freiem Fuß.
Schutzstatus aberkannt
Aufgrund seiner Vorstrafen wurde gegen den Burschen im Juli 2019 ein Asylaberkennungsverfahren eingeleitet, das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl erkannte ihm im Oktober desselben Jahren den subsidiären Schutz ab. Es erging eine Rückkehrentscheidung in Verbindung mit einem sechsjährigen Einreiseverbot. Da er zu diesem Zeitpunkt noch minderjährig gewesen ist, wurde er nicht in seine Heimat abgeschoben, das Bundesverwaltungsgericht hob den Abschiebeschutz nicht auf und ordnete offenbar auch keine verpflichtende Rückkehr bei Volljährigkeit an.
Der jüngere Verdächtige, er kam erst vor wenigen Wochen nach Österreich, ist unbescholten – er stellte im April einen Asylantrag, nachdem Verwandte bereits ein Jahr davor um Schutz angesucht hatten. (Michael Möseneder, 29.6.2021)