Rumäniens Premier Citu unter Druck – trotz gewonnenen Votums.

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Bukarest – In Rumänien hat die seit sechs Monaten amtierende Koalitionsregierung unter Premierminister Florin Citu (Liberale Partei, PNL) ihre erste Misstrauensabstimmung überstanden. Der von den oppositionellen Postkommunisten (PSD) eingebrachte Misstrauensantrag scheiterte am Dienstagnachmittag krachend im Parlament von Bukarest – den Postkommunisten fehlten letztlich mehr als 30 Stimmen, um das bürgerliche Kabinett zu stürzen.

Nichtsdestotrotz steht die Koalitionsregierung weiterhin unter Druck, da in der Gesellschaft die Kritik an ihrem mauen Reformtempo und -willen zunimmt. Sowohl die regierenden Liberalen als auch deren Juniorpartner USR-PLUS waren bei der Parlamentswahl vom Dezember mit zahllosen Reformversprechen angetreten, von denen bis dato kein einziges umgesetzt worden ist. So wurden weder die von den Postkommunisten durchgezogene Gegenreform im Justizbereich zurückgenommen oder das völlig verwässerte Strafrecht novelliert noch die umstrittene Sonderermittlungsbehörde für Justizstrafsachen (SIIJ), die unbequeme Richter und Staatsanwälte mit Ermittlungsverfahren unter Druck setzt, aufgelöst.

Wenig geliefert

Auch Strukturreformen und die in Aussicht gestellte Wahlrechtsnovelle blieben zur Enttäuschung vieler rumänischer Wähler aus – zumeist, weil sich der dritte Koalitionspartner, der konservative Ungarnverband (UDMR), querstellt; teils aber auch, weil der liberale Seniorpartner selbst kein Interesse hat, eine Reihe von Reformvorhaben tatsächlich durchzuziehen. Entsprechend sinken die Umfragewerte der Koalitionsparteien, allen voran der Reformpartei USR-PLUS, deren Ko-Vorsitzender, Vizepremierminister Dan Barna, erst am Montag offen einräumte, dass er "sowohl mit der Art, wie diese Koalition funktioniert, als auch mit dem bisher hingelegten Reformtempo höchst unzufrieden" ist.

Rumänische Politikbeobachter rechnen daher übereinstimmend damit, dass die bürgerliche Koalition spätestens 2023 zerbricht – die Reformpartei USR-PLUS werde es sich nicht leisten können, das Superwahljahr 2024 als Teil einer Koalition anzugehen, die ihren Reformwillen bloß vorgaukele, so der Tenor.

Blockadehaltung

Auch der liberale Regierungschef Florin Citu scheint sich dieser Gefahr durchaus bewusst: Er werde im Herbst "Reformen notfalls per Eilverordnungen der Regierung" durchziehen, sollten die Gesetzentwürfe der Exekutive im Parlament, wie bisher, auf die lange Bank geschoben werden, hatte der 49-Jährige erst in den vergangenen Tagen gedroht. Durch die Blume führte Citu das Blockadeverhalten des Parlaments, vor allem des Unterhauses, auf das parteiinterne Wahlrennen zwischen ihm selbst und dem Präsidenten der Abgeordnetenkammer, Noch-PNL-Chef Ludovic Orban, um den Parteivorsitz zurück. Sollte er auf dem Parteitag der Liberalen vom September zu deren neuem Vorsitzenden gewählt werden, werde sich "diese Sachlage garantiert ändern", so Citu.

Sollte der Regierungschef im Rennen um den Vorsitz der PNL allerdings unterliegen, droht ihm der Amtsverlust: Liberalen-Chef Orban deutete erst jüngst abermalige Ambitionen auf das Amt an, sofern er im September von den Parteidelegierten für eine weitere Amtszeit bestätigt wird: Der auf dem Konvent der Liberalen gewählte Parteivorsitzende habe auch Premierminister zu sein, stellte Orban klar. (APA, 29.6.2021)