Besser kommunizieren mit offenen Standards.

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Im Vergleich zu modernen Messengern ist die Funktionalität von SMS äußerst begrenzt. Die maximale Länge einzelner Nachrichten ziemlich überschaubar, Bilder oder gar Videos in vernünftiger Qualität undenkbar – und das alles noch dazu im Klartext verschickt, was aus einer Sicherheitsperspektive einfach nicht mehr zeitgemäß ist. Einen Vorteil haben die klassischen Textnachrichten aber sehr wohl: Sie kommen bei jedem Smartphone an, egal welche App darauf läuft. Moderne Messenger sind hingegen Insellösungen, von Whatsapp bis zu Signal – alle laufen sie nur mit der passenden App und können nicht untereinander kommunizieren.

Die Lösung: Ein Standard

Dabei gäbe es eigentlich schon lange eine Alternative: Unter dem Namen Rich Communication Services (RCS) – beziehungsweise das sogenannte "Universal Profile" dazu – wurde bereits vor Jahren ein offizieller Nachfolger für SMS beschlossen. Doch wie es in der Welt der Telekommunikationsanbieter nun einmal ist: Es sind sehr viele Firmen beteiligt, die alle unterschiedliche Interessen hegen, und so kommt am Schluss oftmals nichts Brauchbares heraus. Insofern lag RCS lange brach, bis sich ein nicht gar so kleines Unternehmen aus eigenem Interesse dieses Themas annahm: Google. Doch auch diese Initiative war zunächst von wenig Erfolg gekrönt, Versuche, die Provider für RCS zu begeistern, stießen auf wenig Gegenliebe. Doch dann wurde es Google irgendwann zu bunt. Anstatt auf die Mithilfe der Netzanbieter zu warten, wurde der RCS-Support schlicht direkt in die eigene SMS-App Google Messages integriert. Und siehe da: Seitdem ist deutlich Bewegung in die Sache gekommen.

Plötzlich sind sie alle da

Der neueste Fortschritt: Der große US-Provider AT&T schließt sich diesen Bemühungen an. Konkret bedeutet dies, dass in Zukunft alle Smartphones, die über den Netzanbieter verkauft werden, mit Google Messages als Default-SMS-App ausgestattet sein sollen – und damit auch RCS-Unterstützung haben. Damit folgt man dem Vorbild von T-Mobile USA, das eine ähnliche Ankündigung bereits vor einigen Monaten vorgenommen hat. Von den großen US-Providern fehlt damit jetzt nur mehr Verizon.

In anderen Ländern haben die Provider keinen ähnlich starken Einfluss auf die Softwareausstattung, hier ist wichtiger, was die Gerätehersteller beschließen. Doch auch in dieser Hinsicht gab es in der jüngeren Vergangenheit signifikante Fortschritte. So setzt Samsung bei seinen aktuellen Geräten mittlerweile ebenfalls auf Google Messages als Default-SMS-App. Und auch viele andere Hersteller übernehmen die Software von Google auf ihren Geräten.

Kein echter SMS-Nachfolger, aber ...

Vom Traum einer unabhängigen Lösung, die systemübergreifend funktioniert, ist man damit natürlich trotzdem noch weit entfernt. Das liegt einerseits daran, dass es jetzt erst recht wieder die App eines einzelnen Herstellers ist, die überall läuft, auch wenn diese auf offene Standards setzt und theoretisch auch andere Anbieter kompatible Alternativen entwickeln könnten. Vor allem aber scheitert es daran, dass sich ein Unternehmen standhaft weigert, RCS zu unterstützen: Apple. Dort ist man mit iMessage sehr zufrieden, und zwar nicht zuletzt auch genau wegen dessen Lock-in-Faktors für iOS, wie aus im Rahmen des Verfahrens gegen Spielehersteller Epic öffentlich gewordenen Dokumenten bekannt ist.

... ein iMessage-Pendant!

So bleibt aber zumindest ein anderer Effekt: Mit der umfassenden Verfügbarkeit von Google Messages etabliert sich endlich so etwas wie ein iMessage-Ersatz für Android. Also eine Chat-App, die vielleicht nicht alle nutzen, die aber als Back-up immer da ist und über die man eben alle erreichen kann, immerhin gibt es ja auch noch SMS als zweite Option. Zudem ergibt sich so auch ein automatisches Upgrade für all jene, die noch SMS nutzen: Verwenden beide Seiten Google Messages, dann werden nämlich direkt die Chat-Services – wie RCS in der App genannt wird – angeboten, und dann gibt es nicht nur mehr Möglichkeiten in der Kommunikation, die Übertragung erfolgt seit kurzem auch Ende-zu-Ende-verschlüsselt. (Andreas Proschofsky, 2.7.2021)