"Nach der Geburt eine Walachin, nach der Religion und Sitten eine Griechin, nach der Ehe eine Polin (…)", heißt es in der lateinischen Grabinschrift der moldauischen Fürstentochter Anna Movilă aus dem Jahr 1666. Die Inschrift wirft ein Schlaglicht auf die kulturelle Diversität des zwischen Ostkarpaten und Schwarzem Meer gelegenen Fürstentums, das sich auch in politischer Hinsicht zwischen verschiedenen, teilweise rivalisierenden Ansprüchen bewegte. Die politische Korrespondenz Ieremia Movilăs (circa 1555–1606), des Vaters Annas und Begründers der jahrzehntelang herrschenden Fürstendynastie, geben Aufschluss über die Strategien des Machterhalts in einem schwierigen geopolitischen Umfeld.

Aufgrund seiner engen Beziehungen nach Polen-Litauen wird Ieremia Movilă in der nationalstaatlichen rumänischen Historiografie häufig als Marionette polnischer Machthaber verstanden. Dabei müsste er eher als findiger Politiker und Diplomat betrachtet werden, der es durch kluges Taktieren schaffte, die Interessen der umliegenden Hegemonialmächte auszubalancieren und ein moldauisches Herrschergeschlecht zu gründen. Gegen Mitte des 17. Jahrhunderts konnte das Geschlecht der Movilă auf sieben moldauische Fürsten und einen Metropoliten von Kiew, den wohl berühmtesten Vertreter der Familie, Petru/Petro Movilă/Mohyla (1596–1647), zurückblicken. Sie alle hatten von ihrem Vorgänger, Ieremia Movilă, gelernt, sich in dem religiösen und politischen Spannungsfeld ihrer Zeit günstig zu positionieren.

Das Fürstentum Moldau Ende des 16. Jahrhunderts

Seit seiner Gründung Mitte des 14. Jahrhunderts stand das mehrheitlich rumänischsprachige und orthodox geprägte Fürstentum Moldau unter den wechselnden Einflüssen der umgebenden größeren Staaten Ungarn, Polen-Litauen, des Osmanischen Reichs und des Chanats der Krimtataren. Im 16. Jahrhundert wurde das Fürstentum dem osmanischen Sultan endgültig tributpflichtig. Es war die Zeit der großen Auseinandersetzungen der christlichen Mächte Ostmitteleuropas mit den Osmanen, im Zuge derer etwa 1529 Wien beinahe erobert worden wäre. Die Moldau wurde dadurch zur wichtigen Grenzzone zwischen den drei Großreichen der Osmanen, der Habsburger und Polen-Litauens. Gegen Ende des Jahrhunderts versuchten deshalb sowohl Polen-Litauen als auch die Habsburger, ihren Einfluss in diesem Gebiet auszuweiten und zu festigen. Letztere bemühten sich, über das benachbarte Siebenbürgen in die Politik des Fürstentums einzugreifen, um dadurch den osmanischen Feinden nachhaltig zu schaden. Dies führte zu häufigen Thronwechseln und sehr kurzen Regierungszeiten. So herrschte Ștefan Răzvan, der direkte Vorgänger Ieremias, kaum sechs Monate. In diesem Machtvakuum versuchten schließlich alle drei Mächte, einen von ihnen geförderten Kandidaten auf dem Fürstenthron der Moldau zu installieren. Ieremia Movilă, der 1595 mit der Hilfe von Polen-Litauen an die Macht gekommen war, verkörpert das Ende dieser Thronwirren des ausgehenden 16. Jahrhunderts. Da er nicht eindeutig aus einem moldauischen Fürstengeschlecht stammte, waren die Unterstützung durch den polnischen König sowie die Bestätigung im Amt durch den Sultan, der eine Einigung mit Polen einem erweiterten habsburgischen Einfluss vorzog, die wichtigsten Quellen der Legitimation.

Ieremia Movilă wurde um 1555 als Spross einer einflussreichen Adelsfamilie geboren und hatte es in der Moldau rasch zu hohen Hofämtern gebracht, bevor er aufgrund seiner pro-polnischen Haltung für einige Zeit ins Exil ging und erst mit seiner Ernennung zum Fürsten im Jahr 1595 wieder zurückkehrte. Die fürstliche Tradition fortführend, kamen in seiner Kommunikation mit moldauischen und auswärtigen Würdenträgern unterschiedliche Sprachen sowie Schriften zur Verwendung. Für die interne Kommunikation wurde neben Rumänisch (damals noch in kyrillischem Alphabet geschrieben) vor allem Altkirchenslawisch verwendet. Mit den Vertretern ausländischer Mächte wiederum kommunizierte er, jeweils auf diese abgestimmt, auf Polnisch, Latein oder Ungarisch. Die kulturell-sprachliche Anpassung an die jeweiligen Adressaten war nicht nur Ausdruck der multiplen Verflechtung des Fürstentums, sondern erlaubte es Ieremia auch, seine Selbstdarstellung auf den jeweiligen Gesprächspartner abzustimmen. So stilisierte er sich mal zum Vasallen, mal zum eigenständigen Herrscher, mal zum Verteidiger der Orthodoxie und mal zum heimlichen Katholiken.

Stifterbild im Kloster Sucevița: Fürst Ieremia und seine Gattin Elisabeta (Ausschnitt).
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Zwischen Unabhängigkeit und doppelter Abhängigkeit

Betrachtet man zunächst die Korrespondenz Ieremias mit den Habsburgern, entsteht das Bild eines unabhängigen und selbstbewussten Herrschers. So betont er zwar einerseits freundschaftliche Beziehungen, andererseits aber seine Eigenständigkeit gegenüber dem Kaiser. Im Schriftverkehr mit diesem verweist er beispielsweise mit der Unterschrift "Ieremia Movilă, durch Gottes Gnaden Fürst und auf ewig Erbe des Moldauischen Landes etc. etc. etc." auf zahllose nachfolgende Titel. Im Gegensatz zum Kaiser verfügte Ieremia jedoch über keine weiteren Ehrbezeichnungen. Diese Phantomtitel dienten allein dazu, die Stellung des ausländischen Kaisers zu reflektieren und sich in dessen Augen als mächtiger Fürst und ebenbürtiger Partner zu präsentieren.

Ein ganz anderes Bild ergibt sich aus der Korrespondenz mit Polen-Litauen und dem Osmanischen Reich er. Da die Herkunft Ieremias, der allenfalls über die weibliche Linie von einem moldauischen Fürstengeschlecht abstammte, nicht ausreichte, ihn als Herrscher zu legitimieren, war die Unterstützung durch diese beiden Hegemonialmächte von großer Bedeutung. Den polnischen König Sigismund machte er etwa in einem Brief darauf aufmerksam, "dass wir unter dem gnädigen Schutz ihrer königlichen Hoheit, unseres gnädigen Herrn und Wohltäters, sind, ohne dessen Rat und Wille wir weder irgendeine andere noch diese Sache tun." Auch dem Sultan gegenüber gab er sich unterwürfig. Diese Strategie der Zweigleisigkeit schien zu funktionieren, da ihn beide Machthaber in der Kommunikation jeweils als Herrscher von ihren Gnaden bezeichneten.

Kritik von polnischer Seite an dieser Strategie der doppelten Untergebenheit wusste er elegant auszuweichen. Auf den brieflichen Vorwurf eines polnischen Würdenträgers, welcher sich bei ihm über die Allgegenwärtigkeit osmanischer Bräuche in der Moldau beschwerte, antwortete er pragmatisch, dass es nicht verwunderlich sei, dass die Moldau nach Jahrzehnten osmanischer Oberhoheit sich dieser kulturell angepasst habe. "Wir wünschen uns, von solchen Bräuchen befreit werden zu können," schrieb Ieremia an den polnischen Adeligen. Es sei jedoch schwierig, sich Gottes Befehl zu widersetzen, denn man solle sich "seinem Erlasse demütig fügen, solange es sein heiliger Wille ist." Er betont, dass der Woiwode Iacob Heraclid, moldauischer Fürst 1561-1563, versucht habe "die Bräuche dieses Landes und des türkischen Jochs schnell und ohne viel Verstand zu beseitigen, und weil er keinen Erfolg hatte, brachte er großes Unglück über das Land und über sich selbst." Ieremia bemühte sich also, gegenüber Polen die Loyalität zu den Osmanen damit zu rechtfertigen, dass er sich als weiser Herrscher nicht voreilig von der osmanischen Oberhoheit lossagen könne.

Diese Politik der beidseitigen Abhängigkeit war aber mehr als nur ein verzweifelter Versuch, möglichst unbehelligt zu regieren. Vielmehr stilisierte sich Ieremia zum aktiven Vermittler zwischen den beiden Machtsphären Polen-Litauens und des Osmanischen Reiches. Er ermahnte etwa den Sultan, die Freundschaft des polnischen Königs zu achten, "welche für Ihre kaiserliche Hoheit am notwendigsten ist [notwendiger als die Freundschaft von] zwei oder drei solcher Staaten." Erneut wird hier das Kalkül der moldauischen Fürsten offenkundig, wenn er die gute Nachbarschaft zwischen den Mächten befürwortete, "durch deren Eintracht und gute Freundschaft dieses arme Land in Frieden bestehen kann."

Politische Untergebenheit und religiöse Eigenständigkeit

Während sich aus der politischen Korrespondenz das Bild eines zwei Seiten gleichermaßen untergeordneten Fürsten ergibt, wurden in der religiösen Korrespondenz andere Töne angeschlagen. In Bezug auf die muslimischen Tributherren kann von einer Unterwürfigkeit Ieremias gegenüber den Osmanen keine Rede mehr sein. In einer Stiftungsurkunde an ein orthodoxes Kloster auf dem Berg Athos wird die finanzielle Zuwendung mit der Verarmung der "heiligen Klöster, deren Elend in hohem Maße von der Rebellion der Heiden und dem Zustand unter ihrer Herrschaft herrührt", begründet. Tituliert Ieremia den Sultan in der direkten Korrespondenz ehrerbietig als seine kaiserliche Hoheit, stilisiert er die Osmanen in kirchlichen Urkunden zu kirchenzerstörenden Heiden.

Auch gegenüber dem eigenen Adel galt es, die kirchenpolitische Eigenständigkeit des Fürstentums zu unterstreichen. Durch die Kirchenunion von Brest 1596 wurden die orthodoxen Eparchien im Südosten Polen-Litauens dem Papst unterstellt und die unierte griechisch-katholische Kirche geschaffen. Auch wenn die Liturgie weiterhin orthodox blieb, hatte die Union ein beträchtliches Vordringen des Katholizismus in der gesamten Region zur Folge. Dies trug in der unmittelbar angrenzenden Moldau zu einem Gefühl der Bedrohung durch den Katholizismus bei. Um beim moldauischen Adel nicht den Eindruck aufkommen zu lassen, er hätte die Absicht, die Moldau ebenfalls der römischen Kirche zu unterwerfen – schließlich war er ja mithilfe des katholischen Polen-Litauen an die Macht gekommen – galt es für Ieremia, seine Loyalität gegenüber der Orthodoxie zu unterstreichen. Er inszenierte sich daher gekonnt als großzügiger Spender. Schenkungen an zahllose Klöster ließen ihn als Förderer der Orthodoxie erscheinen, während er sich in zahlreichen Dokumenten zu den Idealen der byzantinischen Kaiser bekannte.

Zwischen Orthodoxie, Katholizismus und der "gesamten Christenheit"

Ein ganz anderer Ton klang in der Kommunikation mit katholischen Mächten an, wo diese spezifisch orthodoxen Bezüge oft unterschlagen wurden. In der Korrespondenz mit den Habsburgern spricht Ieremia etwa von seiner Verbundenheit mit der "gesamten Christenheit", um so die Zugehörigkeit zur osmanischen Machtsphäre in ihrer politischen Bedeutung zu mindern. Katholischen Gesandten in der Moldau scheint Ieremia sogar den Eindruck vermittelt zu haben, insgeheim selbst Katholik zu sein. In einem Brief an den Papst berichtete der katholische Bischof Bernardo Quirini aufgeregt: "Er (Ieremia, Anm.) gestand doch noch mehrmals in öffentlichen und privaten Gesprächen mit seinen Bischöfen und Bojaren, dass Ihre Heiligkeit das wahre Oberhaupt aller Christen ist." Während Ieremias Herrschaft im eigenen Land durch die Rolle des Förderers der Orthodoxie legitimiert werden sollte, wurde so gegenüber Polen und dem Heiligen Römischen Reich die eigene konfessionspolitische Aufgeschlossenheit und weniger das orthodoxe Selbstverständnis hervorgehoben.

Das nach dem Tod des Fürsten kunstvoll gestickte Grabtuch zeigt, dass diese verschiedenen Botschaften auch in einer einzigen Abbildung miteinander verbunden werden konnten. Neben eindeutigen byzantinisch-orthodoxen Stileinflüssen ist Ieremia dort als polnischer Adeliger dargestellt, was die unterschiedlichen Einflüsse auf den Monarchen in ein und derselben Darstellung widerspiegelt.

Orthodoxer Fürst im Stil der Spätrenaissance: das Grabtuch Ieremia Movilăs im Kloster Sucevița.
Foto: Public Domain

Wahrung der Autonomie durch aktive Vermittlerrolle

Durch die unterschiedlichen Darstellungsweisen in verschiedenen Kontexten wird die mannigfaltige Selbstinszenierung des moldauischen Fürsten Ieremia Movilă deutlich. Als politischer Grenzgänger zwischen den Hegemonialmächten bewerkstelligte er es, durch eine geschickt angepasste Kommunikationsstrategie seine eigene Position zu festigen. Während er sich dem Landesadel gegenüber betont orthodox gab, ließ er nach außen durchblicken, möglicherweise sogar ein Krypto-Katholik zu sein und damit insgeheim den Papst als kirchliches Oberhaupt anzuerkennen. Da seine Position von mehreren Mächten abhing, war er um eine Politik des Ausgleichs bemüht, in der er die eigene Mittelposition gelegentlich als Stärke einsetzen konnte. So beinhalteten seine Forderungen an polnische Würdenträger um militärische Unterstützung oft auch die implizite Drohung, sich an die Hohe Pforte in Konstantinopel zu wenden, sollte diese Hilfe von Polen-Litauen nicht geleistet werden.

Alles andere als eine "Marionette", erwies sich Ieremia Movilă vielmehr als intimer Kenner der verfügbaren politischen Ressourcen, die er einsetzte, um Loyalität und Zusammengehörigkeit zu generieren und um die Interessen der beiden rivalisierenden Hegemonialmächte gegebenenfalls gegeneinander auszuspielen. Die Tatsache, dass sich der Fürst je nach Kontext anders zu inszenieren wusste, bezeugt seine taktische Gewandtheit zur Wahrung der eigenen Interessen in der politischen, religiösen und kulturellen Gemengelage am Nordrand Südosteuropas um 1600. (Hannah Riedler, 7.7.2021)