In einem bösen Brief kündigt der Chef der Lauda-Basis Wien den Mitarbeitern strenge Kontrollen der Bordverkäufe an – und wirft ihnen Unfähigkeit vor.

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So richtig kuschelig dürfte die Stimmung für die Belegschaft der Billigfluglinie Lauda in Wien (auch) derzeit nicht sein. Die Mitarbeiter sind mit dem Unternehmen, das der irischen Ryanair gehört, zuletzt durch wilde Turbulenzen geflogen – in Wien blieb von der Airline nur ein kleiner Rest. Die börsennotierte Ryanair, vom gestrengen Michael O'Leary geleitet, ist berühmt-berüchtigt für harten Umgang mit den Mitarbeitern.

Der trifft nun auch wieder die wenigen verbliebenen Mitarbeiter in Österreich. Mutter Ryanair ist unzufrieden mit der Arbeit des Kabinenpersonals in Wien – und der Chef der "Base Vienna" hat den nicht ganz 270 Mitarbeitern daher einen bitterbösen Brief geschrieben.

Zu wenig Bordverkäufe

Anlass: Die Bordverkäufe sind unter Plan, ihre Umsätze hinken dem konzerninternen Ziel von 1,70 Euro je Passagier und Flug hinterher und liegen laut dem Schreiben, das dem STANDARD vorliegt, 63 Cent hinter Plan. Die Verkäufe erreichten nur 1,07 Euro je Passagier, so der Chef. "Inakzeptabel ist das in Bezug auf die Zahl unserer Flüge und Passagiere", wirft er den Bord-Mitarbeitern vor, die Ergebnisse bewiesen "einen Mangel an Engagement, an Führung in der Kabine von Ihrer Seite" und an der Einhaltung jener Verfahren, die für Bordverkäufe bei Ryanair vorgesehen seien.

Diese Verkäufe sind für Billigairlines neben den Ticketverkäufen essenziell. Bei der größten europäische Billigairline Ryanair machen der Verkauf von Getränken, Essen und Zollfreiwaren und besonders die Einnahmen aus Umbuchungen, Sitzplatzreservierungen und Gepäck laut dem Branchenmedium "Aerotelegraph" rund 34 Prozent des Gesamtumsatzes aus. Der Konzern hat 2020 rund 8,5 Milliarden Euro umgesetzt.

Gesamtes Essen verkaufen

Um das Kabinenpersonal anzuspornen, hat sich sein Chef nun einiges ausgedacht. "Angesichts Ihrer Unfähigkeit und ihres Mangels an Selbstmotivation, für die richtigen Ergebnisse zu sorgen", erinnert er seine Leute daran, dass der "Service-Flow" – zu dem etwa gehört, wie oft die Crew durch den Flieger gehen muss, um Getränke, Essen oder Sonstiges feilzuhalten – keine bloße Leitlinie, sondern ein "Auftrag für alle Flüge" sei. Und, so seine Vorgabe an die Crews: Frisches Essen müsse auf allen Flügen verkauft werden, quasi mit Putz und Stingel. Denn: "Am Ende des Tages darf kein Essen unverkauft bleiben."

Zudem müssen die Wiener künftig ihren Fokus auf den Verkauf von Parfums um je 20 bis 30 Euro legen. All das müsse auf allen Flügen, unabhängig von ihrer Dauer, umgesetzt werden – jede "Lücke" bei den Transaktionen (ab 15 Minuten) werde man untersuchen. Offenbar will das Lauda-Management das anhand der Abrechnungsgeräte überprüfen.

Rechtfertigung jeden Abend

Kontrolliert wird das ab sofort nach jeder Ankunft, "egal um welche Uhrzeit". In den 30 Minuten Check-out-Zeit, die die Crew für ihre "Post-Flight-Pflichten" hat, und in Anwesenheit aller Cabin-Crew-Mitglieder müssen deren jeweilige Chefs den Wien-Boss anrufen, um ihm die Ergebnisse aus den Bordverkäufen mitzuteilen und zu rechtfertigen. Nicht akzeptieren, so lässt er sie gleich wissen, werde er Rechtfertigungen wie "Die Passagiere haben geschlafen", "Die Passagiere wollten nichts kaufen" oder "Die Passagiere hatten ihr eigenes Essen mit".

Verstöße werden sofort untersucht und "entsprechend behandelt". Der verabschiedende Wunsch "Gute ARBEIT Ihnen allen" mag die Mitarbeiter gefreut haben. Von einigen von ihnen ist zu hören, dass sie das Problem mit dem Bordessen, das ratzeputz verkauft werden muss, mitunter privat lösen. Um sich Stress mit den Vorgesetzten zu ersparen, würden die Bord-Crews die Resteln mitunter selbst kaufen.

Wilde Turbulenzen

Laudamotion hat Extremjahre hinter sich. 2018 hat Niki Lauda seine einstige und insolvente Airline Niki von der pleitegegangenen Air Berlin zurückgekauft. Einen Minderheitsanteil veräußerte er flugs an die Iren, die Laudamotion 2019 dann ganz übernahmen. Nach langemStreit unter anderem um Kollektivverträge und nach vielen Kündigungen gingen Flugbetrieb und Vermögen zu Lauda Europe in Malta.

Zum Brief an die Mitarbeiter in Wien nahm niemand Stellung. (Renate Graber, 3.7.2021)