Geimpft, geimpft, nicht geimpft: Die Impfung als mögliche Voraussetzung für einen Job ist manchen ein Dorn im Auge

Gesucht: Freiberufler in der Kundenbetreuung, keine Angaben zu den Aufgaben oder dem Gehalt. Dafür der Zusatz: "Das Team besteht aus Menschen, die keine gesellschaftliche Spaltung unterstützen: Impfgegner arbeiten Hand in Hand mit Geimpften zusammen und respektieren die Freiheit jedes Einzelnen."

Ebenso gesucht: eine Modeverkäuferin in Teilzeit, die "zielstrebig, zuverlässig und gerne auch impffrei" ist. Sowie eine persönliche Assistenz für eine junge Frau im Rollstuhl. Umfang: drei bis vier 24-Stunden-Dienste im Monat. Aufgrund ihrer "Einstellung zur aktuellen Situation" müsse die Assistenz nicht geimpft oder getestet sein, schreibt die Inserentin. Auch sie werde keine Corona-Tests machen – krank solle man aber bitte nicht zur Arbeit kommen.

Die Jobinserate sind drei von über 90 ausgeschriebenen Positionen auf dem Jobportal impffrei.work (Stand Freitag). Dort können Unternehmen aus Deutschland, Österreich und der Schweiz seit Anfang Juni "impffreie Arbeitsstellen" kostenlos inserieren.

"Querdenker"-Milieu

Nur die wenigsten geben explizit an, nicht geimpfte Arbeitskräfte zu suchen. Die meisten Inserate kommen aus dem Gesundheitsbereich, vier aus Österreich. Gesucht werden hierzulande eine Zahnarztassistentin, ein Lackierer oder Maler, eine Social-Media-Managerin und eine Rezeptionistin sowie jemand für die Unternehmens- und Softwareentwicklung.

Verkauft werden die Stelleninserate oft als eine Art Inklusion: Man wolle niemanden ausschließen, schalte die Jobanzeigen, weil man auf anderen Portalen keine Bewerber fand, schreibt eine Inserentin eines österreichischen Betriebs auf STANDARD-Anfrage. Die konkreten Antworten und ihren Namen möchte sie aber nicht in der Zeitung lesen. Die anderen Firmen in Österreich haben sich nicht gemeldet.

Die anonymen Betreiber – es gibt kein Impressum – wollen mit dem Portal jedenfalls laut Webseite "nicht nur der Ausgrenzung und Diffamierung von Arbeitnehmern entgegenwirken, sondern auch den freien Willen und die Selbstbestimmung fördern".

Doch so unscheinbar die Plattform mit ihrem Design auftritt: Das Logo gibt einen ersten Hinweis. Eine Faust zertrümmert darin eine Spritze. Eine Anfrage des STANDARD blieb bis Redaktionsschluss unbeantwortet, wurde aber im gleichnamigen Telegram-Kanal mit 4817 Abonnenten (Stand Freitag) gepostet.

Hackerangriff

Dort erhält man tiefere Einblicke in die Einstellungen der Betreiber zur "sogenannten Pandemie": Täglich werden vorwiegend Beiträge aus dem "Querdenker"-Milieu gepostet. Zum Beispiel "News" vom Verschwörungserzähler Ken Jebsen, Artikel des FPÖ-nahen Blogs unzensuriert.at oder über den "Impfrassismus" in einem deutschen Krankenhaus. Dazwischen streut der Kanalbetreiber eigene Postings, wie jenes am Donnerstag: "Jeder, der direkt oder indirekt promotet, sich das Gift zu injizieren, macht sich der Beihilfe zum Mord schuldig!" Auch Aussagen, dass das Coronavirus nicht existiere, werden verbreitet.

Diese Verharmlosung der Pandemie, aber auch die Bestärkung von Impfkritikern bewegten schließlich auch die Hackergruppe Anonymous, die Seite mehrmals lahmzulegen, berichtet der Spiegel. Im Rahmen der "Operation Tinfoil" (Operation Alufolie) greifen die Hacker immer wieder Webangebote aus dem Verschwörungsmilieu an. Auf impffrei.work erstellten sie zudem falsche Stellengesuche wie einen "Abschmecker im Klärwerk" oder einen "Baggerfahrer zum Erde von A nach B baggern".

Und die Hacker nutzten eine Sicherheitslücke, um die bis Mitte Juni eingelangten Spenden an impffrei.work von insgesamt rund 28 Euro rückgängig zu machen, heißt es auf dem Blog anonleaks.net. Wohl auch durch die Hacks hat das Jobportal in den vergangenen Wochen einige Zugriffe bekommen. Laut Schätzungen von Amazons Alexa-Traffic-Rank nutzen täglich an die 3500 Userinnen und User die Jobsuche.

Rechtlich sei eine solche Website nicht zu belangen, sagt Stefan Zischka. Er ist Partner bei Jank Weiler Operenyi Rechtsanwälte, dem österreichischen Mitglied des Anwaltsnetzwerkes Deloitte Legal. Zischka leitet dort den Fachbereich Arbeitsrecht. Er empfiehlt Arbeitgebern deutlich, auf impffrei.work nicht zu inserieren: "Das macht Arbeitsinspektorate aufmerksam, dass sich diese Unternehmen möglicherweise nicht an die Covid-Verordnungen halten." Bei Nichteinhaltung drohen hohe Verwaltungsstrafen. Die meisten Betriebe tendierten ohnehin derzeit zur Drei-G-Regel und setzten diese in Form einer Hausordnung um – der beste Weg, aus Zischkas Sicht.

Frage nach dem Impfstatus

Dass künftig nur mehr eine Impfung zum Job befähigt – ein verdeckter Impfzwang, wie ihn anscheinend auch die Macher von impffrei.work befürchten –, ist rechtlich nicht ganz so einfach durchzusetzen (siehe Infobox). Aber die Entscheidung bleibt zumeist dem Arbeitgeber überlassen, der laut aktueller Auslegung des Arbeitsrechts auch eine Impfung verlangen darf. Das gilt, solange keine gesundheitlichen Gründe dagegensprechen.

So ist es zulässig, in Jobinseraten explizit nach Geimpften zu suchen oder Bewerber sowie bestehende Angestellte nach dem Impfstatus zu fragen. Das sollten diese auch wahrheitsgemäß beantworten. Denn die Frage gilt nicht als Diskriminierung nach dem Gleichbehandlungsgesetz, Klagen auf Anstellung werden demnach nicht erfolgreich sein. Bei einer Impfweigerung kann man auch eine Kündigung riskieren.

Allerdings vermuten Personalexperten, dass sich die Firmen hüten werden, ihre Inserate nur an Geimpfte zu richten – immerhin suchen viele wieder nach Arbeitskräften. Relevanter als der Impfstatus dürfte da eher der Grund für das Nein zur Impfung sein: Jemand, der sich nicht impfen lässt, weil er glaubt, dass ihm dann auf Befehl von Bill Gates Mikrochips gespritzt würden, wird im Bewerbungsgespräch vermutlich weniger gut ankommen. (set, 3.7.2021)