Lars Feld steht ganz in der Tradition des Ordoliberalismus, der sich für einen starken Staat mit limitiertem Einfluss in der Wirtschaft einsetzt.

Wenn der prominente deutsche Ökonom Lars Feld tatsächlich als neuer Chef des Instituts für Höhere Studien nach Wien kommt, dann hat das IHS diesen Coup der SPD zu verdanken. Diese verhinderte im Februar seine Verlängerung als Vorsitzender des Sachverständigenrates, der die Berliner Regierung wirtschaftspolitisch berät.

Gerade dieser Hintergrund sorgt in Wien für Naserümpfen: Der 54-Jährige mag wissenschaftlich angesehen und persönlich umgänglich sein; aber wenn er Finanzminister Olaf Scholz (SPD), wahrhaft kein Linksradikaler, politisch suspekt ist, steht er dann nicht auch für Österreich zu weit rechts?

Zehn Jahre Wirtschftsweiser

Das Ende seiner zehnjährigen Karriere als deutscher Wirtschaftsweise – davon nur ein Jahr als Vorsitzender – dürfte vor allem dem anlaufenden Wahlkampf und roten Personalwünschen als Felds konkreten Positionen zuzuschreiben sein. Dennoch ist klar: Trotz seiner SPD-Mitgliedschaft in jüngeren Jahren ist Feld heute ein vehementer Verfechter eines marktwirtschaftlichen Kurses mit konservativen Einschlägen.

Als Vorsitzender des Sachverständigenrates trat er vor allem als Befürworter der Schuldenbremse in Erscheinung, jener Verfassungsbestimmung, die langfristig eine schwarze Null im Bundeshaushalt garantieren soll. Auch den 2015 eingeführten Mindestlohn sieht er skeptisch, ebenso lehnt er eine Vermögenssteuer ab. Auch bei milliardenschweren Investitionsprogrammen für den Ausbau der Infrastruktur steht Feld auf der Bremse.

Pragmatismus statt Dogma

Wenn man seinen Worten genauer folgt, dann zeigt sich allerdings, dass Feld keine Klientelpolitik für Wirtschaftspolitik betreibt und meist nicht dogmatisch, sondern pragmatisch argumentiert. Bei der Schuldenbremse betont er deren Flexibilität, die es der deutschen Regierung erlaubt hat, Unternehmen während der Corona-Pandemie mit vielen Milliarden zu stützen und große Budgetdefizite zu fahren. Eine Schuldenobergrenze, wie sie der bayerische Ministerpräsident Markus Söder (CSU) verlangt hat, hält er daher für kontraproduktiv.

Das 750 Milliarden Euro schwere EU-Wiederaufbauprogramm "Next Generation EU" sieht er zwar nicht grundsätzlich negativ, warnt aber vor falschen Anreizen. "Die EU finanziert, gestützt durch die solideren Mitgliedsstaaten, Ausgabenentscheidungen in den höher verschuldeten Mitgliedsstaaten ohne eine nennenswerte Kontrolle über die Mittelverwendung", sagte er in einer Rede vor der liberalen Friedrich-Naumann-Stiftung im April. "Dieser Verstoß gegen das Haftungsprinzip kann nur ausnahmsweise und vorübergehend akzeptabel sein."

Problematische Vermögenssteuer

Bei der Vermögenssteuer sieht Feld das Problem, dass man Betriebsvermögen in Familienunternehmen schonen müsste, um diese nicht zu ruinieren, aber damit neue Ungleichheiten schaffen würde. Und bei öffentlichen Großinvestitionen warnt er vor allem vor Ineffizienz und Verschwendung, wie etwa bei den vielen deutschen Regionalflughäfen, die wenig genutzt werden.

Feld selbst bezeichnet sich als Anhänger des Ordoliberalismus, jener deutschen Schule der Volkswirtschaft, die einen starken Staat fordert, der sich mit sehr klaren Regeln nur dort in die Wirtschaft einmischt, wo es zu Marktverzerrungen kommt. Daher befürwortet er im Kampf gegen den Klimawandel eine spürbare CO2-Bepreisung und will, dass der Staat die finanzielle Belastung zwar für sozial Schwächere ausgleicht, nicht aber für Unternehmen. "Der Großteil der für den Wandel nötigen Investitionen ist privat. Es gibt überhaupt keinen Grund, das staatlich zu subventionieren", sagte er in einem Welt-Interview im Februar. Selbst Kritiker gestehen dem unbequemen Saarländer völlige politische Unabhängigkeit zu. Wenn er einer Partei nahesteht, dann der FDP.

Einer der Begründer des Ordoliberalismus war der Ökonom Walter Eucken, nach dem das Walter-Eucken-Institut an der Universität Freiburg benannt ist, das Feld seit 2010 leitet. Es gilt als einflussreich, aber ist deutlich kleiner als das IHS – vielleicht ein Motiv für Feld, von der großen deutschen auf die kleine österreichische Bühne zu wechseln. (Eric Frey, 3.7.2021)