"Es ist eine schöne Sache um die Natur, sie ist aber doch nicht so schön, als wenn es keine Schnaken gäbe", ließ der deutsche Schriftsteller Georg Büchner in seinem Stück "Leonce und Lena" durch den lebenslustigen Valerio ausrichten, während dieser sich im Mondschein auf den Rasen legt. Ob Büchner, der promovierte Naturwissenschafter, tatsächlich die großen, für Menschen harmlosen Insekten meinte oder doch die blutsaugenden, verhassteren Stechmücken, bleibt unklar. Ist Valerio allerdings frisch gewaschen, in körperbedeckende, weite Kleidung gehüllt und an den übrigen Körperstellen mit Substanzen zur Insektenabwehr besprüht, so stehen seine Chancen besser, nicht zum Gelsenbuffet zu werden.

Die Gemeine Stechmücke Culex pipiens.
Foto: imago stock&people

Stechlustig sind die Weibchen, die Säugetiere um Blut anzapfen müssen, um Eier zu bilden. Wird man trotz der genannten Vorsichtsmaßnahmen von ihnen gestochen, so empfiehlt sich das Kühlen der Körperstelle, um den Juckreiz zu lindern. Auch Antihistaminika können helfen.

Der diesjährige kalte, nasse Frühling hatte immerhin den Vorteil, dass die Stechmückensaison später einsetzte und man beim Warten auf den Sommer seltener von ins Schlafzimmer eingebrochenen Mücken belästigt wurde. Der Stichtag hat sich gewissermaßen nach hinten verschoben, viele dürften den Erststich ihrer Covid-Impfung vor dem ersten Gelsendippel bekommen haben.

Viren-Monitoring

Übrigens übertragen die Quälgeister nach aktuellem Wissensstand kein Sars-CoV-2. Selten infiziert die Gemeine Stechmücke Menschen in Österreich mit dem West-Nil-Virus, das in Süd- und Osteuropa immer häufiger vorkommt.

Potenzielle Virusbelastung behält die Ages per Gelsen-Monitoring im Auge. Auch ein Modellprojekt der Stadt Wien und der Veterinärmedizinischen Universität Wien, das Stechmücken in der Bundeshauptstadt an unterschiedlichen Messstellen analysiert, geht im kommenden Jahr in den Regelbetrieb über. Dabei steht unter anderem die eingeschleppte Asiatische Tigermücke im Fokus, die sich mittlerweile in einigen warmen Regionen Europas angesiedelt hat. In Österreich kommt die tropische Art bisher nur vereinzelt vor, besonders entlang der großen Warentransport-Routen wie den Autobahnen aus und nach Südeuropa. Die steigenden Temperaturen sowie städtische Wärmeinseleffekte können dafür sorgen, dass sich die Tigermücke hier immer wohler fühlt. Zu allem Überfluss ist sie auch noch tagaktiv.

Bekämpfung in Zeiten des Artensterbens

Damit erst gar keine heimischen Gelsen – oder sogar Tigermücken – in der Nähe heranwachsen, kann man mögliche Brutstätten eliminieren. Das sind meist Wasseransammlungen in Topfuntersetzern, Gießkannen, Wasserschalen oder sogar in weggeworfenen Getränkedosen. Wer Bienen und Vögeln in der Sommerhitze trotzdem Wasser spenden will, sollte entsprechende Tränken täglich reinigen.

Eine radikalere Bekämpfungsmethode, die in besonderen Fällen in Österreich zum Einsatz kommt, ist das großflächige Ausbringen des Bakteriums BTI, dessen Kristallproteine in Gelsenlarven zu Gift werden. Es ist gerade in Zeiten des Insektensterbens nicht unumstritten und sollte nur als Schutz vor extremen Schwärmen nach Hochwassern fungieren. Denn die Toxine gelangen in den Kreislauf und werden offenbar auch in anderen Insekten wie den nichtstechenden Zuckmücken gebildet, die wie Gelsen etwa Futter für Fische und Vögel sind. Die zurückgehende Biodiversität dürfte gemeinsam mit der Klimakrise für massive Probleme sorgen. Womöglich sollten wir, um das Artensterben zu bremsen, hierzulande dann doch ein paar Gelsenstiche in Kauf nehmen. (Julia Sica, 5.7.2021)