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Vier Jahre ist es her, dass sich der damalige Oppositionspolitiker und FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache auf Ibiza mit Korruptionsfantasien um Kopf und Kragen redete. Mehr als zwei Jahre ist es her, dass das Video des sommerlichen Finca-Abends aufgetaucht ist und zu Straches Rücktritt als Vizekanzler der türkis-blauen Regierung führte, die wenige Stunden später von Kanzler Sebastian Kurz (ÖVP) aufgekündigt wurde. Und erst eine Woche ist es her, dass der nunmehrige Obmann der Minipartei Team Strache seinen Bootsurlaub in Kroatien jäh beenden musste, da die Yacht, auf der er weilte, plötzlich abbrannte. Seine für vergangenen Donnerstag vorgesehene Aussage im U-Ausschuss durfte er deshalb zwar verschieben, die für seine Zukunft weitaus wichtigeren Befragungen sollen aber diese Woche plangemäß am Straflandesgericht Wien über die Bühne gehen.

Denn dort wird Strache im ersten großen Prozess rund um die Ibiza-Korruptionsermittlungen von der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) wegen Bestechlichkeit angeklagt. Es geht dabei um einen mutmaßlichen Gesetzeskauf im Zusammenspiel mit seinem Freund Walter Grubmüller, dem Betreiber der Privatklinik Währing, der wegen des Vorwurfs der Bestechung auf der Anklagebank neben Strache Platz nehmen wird.

Ex-Rennfahrer, Klinikbetreiber und FPÖ-Spender Walter Grubmüller (im Bild beim Ibiza-U-Ausschuss im Vorjahr).
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Grubmüller hatte jahrelang für die Aufnahme seiner Klinik in den Prikraf, den Privatkrankenanstalten-Finanzierungsfonds, gekämpft. Spitäler, die in der erlauchten gesetzlich festgelegten Prikraf-Liste stehen, können nämlich bestimmte medizinische Leistungen mit der Sozialversicherung abrechnen, was ihnen finanziell zugutekommt.

Als die Strache-FPÖ im Herbst 2017 mit der ÖVP in Koalitionsverhandlungen ging, stieß Grubmüllers Lobbying auf sehr offene Ohren, wie ein Chat-Verlauf belegt. Grubmüller schrieb Strache, dass ihm ein blaues Gesundheitsministerium wichtig wäre, der FPÖ-Chef versicherte: "Wir kämpfen." Und bat um die Übermittlung der "genauen Gesetzesänderung, damit ihr zu euren Genehmigungen kommt", was laut Grubmüller-SMS postwendend geschah.

Türkis-Blau erweiterte Prikraf

Tatsächlich wurde die Klinik Währing im Zuge der türkis-blauen Gesundheitsreform 2018 wunschgemäß in den Prikraf aufgenommen. Da Grubmüller im Wahljahr 2017 an die FPÖ 10.000 Euro gespendet hatte, geht die WKStA von einem strafrechtlich relevanten Deal – Parteispende gegen Gesetzesänderung – aus. Beide Angeklagten bestreiten das, es gilt die Unschuldsvermutung. Darüber, wie Strache seine Argumentation vor Richterin Claudia Moravec-Loidolt anlegen wird, will sein Anwalt Johann Pauer im Vorfeld kein öffentliches Statement abgeben. Die Verhandlung ist auf vier Tage anberaumt, am Freitag könnte bereits das Urteil fallen – DER STANDARD wird von allen Prozesstagen mit einem Liveticker berichten. Bei Schuldsprüchen drohen den Angeklagten zwischen einem halben und fünf Jahren Haft.

Türkise Tangente

Als Zeugen sind von blauer Seite etwa Ex-Gesundheitsministerin Beate Hartinger-Klein und Gesundheitssprecherin Dagmar Belakowitsch geladen. Doch die Causa Prikraf hat auch eine türkise Tangente: Denn der Fonds wurde im Zuge der Verlängerung seiner Mitgliederliste auch mit deutlich mehr Steuergeld befüllt, wovon alle Prikraf-Spitäler profitieren. Darunter auch mehrere Privatkliniken der Premiqamed, einer Tochter der Uniqa, deren CEO bis zu seiner Angelobung als ÖVP-Finanzminister Hartwig Löger war. Die Premiqamed hatte wiederum 2017 und 2018 je 25.000 Euro an die ÖVP gespendet. In dem Zusammenhang ermittelt die WKStA wegen des Verdachts der Untreue gegen Löger und Premiqamed-Manager Julian H. – es gilt die Unschuldsvermutung. Im Strache-Prozess soll H. am Mittwoch als Zeuge einvernommen werden. (Theo Anders, 5.7.2021)