No-Bau in der Lobau?

Foto: Karl Schöndorfer TOPPRESS

Im Nordwesten Kanadas und in Teilen der USA herrscht eine Rekordhitze mit Temperaturen von fast 50 Grad Celsius. Allein in Kanada ist von hunderten Toten durch die Hitzewelle die Rede, Feuerwehren kämpfen gegen viele Waldbrände. Parallel hat die Weltorganisation für Meteorologie bestätigt, dass die 2020 gemessenen 18,3 Grad die höchste je gemessene Temperatur in der Antarktis waren. Im Golf von Mexiko hat sich wegen eines Gaslecks eine Unterwasserpipeline entzündet und stundenlang gebrannt. Das Video von dem Vorfall, in dem brennendes Meer zu sehen ist, ging um die Welt. Der Juni war laut Zentralanstalt für Meteorologie der drittwärmste Juni in Österreich seit Messbeginn im Jahr 1767.

All das sind Meldungen der vergangenen Tage. Natürlich, ein Pipelineunfall kann immer geschehen, und der Rekord-Juni in Österreich folgte auf einen relativ kühlen Mai. Doch die weltweite Tendenz geht in eine Richtung: Die Durchschnittstemperaturen steigen, zugleich werden Extremwetterereignisse mehr. Laut Klimaforschern war 2020 gemeinsam mit 2016 global das wärmste Jahr in der Messgeschichte, die Durchschnittstemperatur lag 1,25 Grad über dem Schnitt der vorindustriellen Periode.

Vom Menschen gemachter Klimawandel

Verantwortlich dafür ist der vom Menschen gemachte Klimawandel. Für Klima und Natur potenziell katastrophale Unfälle wie jener im Golf von Mexiko werden hingenommen, nach wie vor bilden ja fossile Brennstoffe das Rückgrat unserer Wirtschaftssysteme.

Angesichts solcher Ereignisse wäre es nur logisch, wenn hektische politische Betriebsamkeit einsetzte, um die Erderwärmung zu begrenzen. In vielen Bereichen hat der Wandel begonnen. So ist es atemberaubend, mit welchem Tempo die großen europäischen Automobilkonzerne aktuell Elektrofahrzeuge auf den Markt bringen. Sie haben die Zeichen der Zeit erkannt.

Aber die Experten sind sich auch da einig: Allein auf die Innovationskraft der Unternehmen zu vertrauen wird nicht reichen, es werden auch staatliche Eingriffe nötig sein. Diese banale Erkenntnis ist aber bei vielen Entscheidungsträgern und Bürgern nicht angekommen. Wie sagte die Klimaaktivistin Greta Thunberg vergangene Woche auf dem Austrian World Summit in Wien in Richtung Politik: "Was ihr hier macht, ist nicht Klimaschutz, es ist Rhetorik."

Kein Klimaschutz, sondern Rhetorik

Diese Worte waren an die ganze Welt gerichtet, kommen aber gerade für Österreich zur richtigen Zeit, wie eine weitere aktuelle Episode zeigt.

In Wien wird heftig gegen den Lobautunnel protestiert.
Foto: Karl Schöndorfer TOPPRESS

Klimaministerin Leonore Gewessler (Grüne) hat einen Klimacheck für alle Autobahn- und Schnellstraßenprojekte angeordnet. Weil davon auch der Lobautunnel betroffen ist und sich das Projekt verzögern oder Geschichte sein könnte, war insbesondere die SPÖ in Wien empört. Dazu sei eine Frage gestattet: Welche Rechtfertigung könnte es aufgrund einer sich zuspitzenden Klimakrise geben, nicht jedes große Straßenbauprojekt zu evaluieren? Lesen die SPÖ-Politiker von Bürgermeister Michael Ludwig (SPÖ) abwärts keine Nachrichten?

Die ökologische Transformation in den kommenden Jahren ist eine Chance und wird für mehr Wohlstand sorgen: Unternehmen und Staaten werden investieren, in neue Infrastruktur, in neue Produkte. Das schafft Jobs und Wachstum. Aber es wird auch klimaschädliche Projekte und Branchen geben, für die es keine Zukunft gibt. Sich das einzugestehen ist bloß der erste Schritt. (András Szigetvari, 4.7.2021)