Der frühere Verfassungsschutzchef Hans-Georg Maaßen hat mit Vorwürfen gegen den öffentlich-rechtlichen Rundfunk Kritik auf sich gezogen.

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Wird für sein Schweigen zu den Äußerungen des CDU-Bundestagskandidaten Hans-Georg Maaßen kritisiert: CDU-Chef Armin Laschet.

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Berlin – Die Spitze der CDU hat sich von Äußerungen des CDU-Bundestagsabgeordneten Hans-Georg Maaßen distanziert, der Journalisten des NDR (Norddeutscher Rundfunk) in die Nähe linksextremer Kräfte gerückt hatte. Präsidium und Bundesvorstand hätten sich zur Pressefreiheit und zur Unabhängigkeit des Journalismus bekannt, sagte Ziemiak am Montag nach den Gremiensitzungen der CDU. Ein Parteiausschlussverfahren gegen Maaßen sei kein Thema gewesen, zumal dieser bereits von seinen umstrittenen Äußerungen zurückgerudert sei.

Andere Parteien hatten von der CDU-Führung eine deutliche Positionierung zu den Äußerungen des früheren Verfassungsschutzpräsidenten gefordert, der gegen den Wunsch der Spitzen von CDU im Bund und in Thüringen von lokalen Funktionären in Südthüringen als Direktkandidat für den Bundestag nominiert worden war. Einer Frage nach der Unterstützung für Maaßen wich Ziemiak aus. Die CDU unterstütze generell ihre Kandidaten, er selbst werde in Maaßens Wahlkreis aber keinen Auftritt haben, sagte der Generalsekretär.

Maaßen als "Belastung" bezeichnet

Nach Angaben aus Teilnehmerkreisen äußerte sich auch CDU-Chef und Unionskanzlerkandidat Armin Laschet im CDU-Präsidium zu dem Fall. Er bezeichnete Maaßen danach als "Belastung" für die Union im Bundestagswahlkampf und betonte die Abgrenzung der Union nach rechts und zur AfD. Maaßen, der dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk schon mehrfach Parteilichkeit vorgeworfen hatte, hat auch einen Untersuchungsausschuss zum NDR ins Gespräch gebracht. Etliche führende CDU-Politiker hatten ihn dafür scharf kritisiert und ihm entweder einen Verzicht auf seine Bundestagskandidatur oder einen Parteiaustritt nahegelegt.

SPD und Grüne in Deutschland hatten zuletzt das Schweigen von Unionskanzlerkandidat Armin Laschet zu den Äußerungen des CDU-Bundestagskandidaten Hans-Georg Maaßen kritisiert. "Ein weiterer demokratiefeindlicher Ausfall von CDU-Bundestagskandidat Hans-Georg Maaßen, ein weiteres Mal schweigt CDU-Chef Armin Laschet", sagte SPD-Generalsekretär Lars Klingbeil dem "Tagesspiegel" (Montagsausgabe).

Maaßen kandidiert bei der Wahl am 26. September in einem Wahlkreis in Südthüringen für den Deutschen Bundestag. Er ist nicht nur wegen seiner Haltung zur Flüchtlingspolitik der deutschen Regierung umstritten. Politiker von SPD, Grünen und Linken warfen der CDU wiederholt vor, mit Maaßen am rechten Rand zu fischen.

"Klarer Linksdrall"

Maaßen hatte im Sender tv.Berlin zur politischen Berichterstattung in den öffentlich-rechtlichen Medien gesagt: "Ich sehe nicht mehr die Ausgewogenheit der Berichterstattung." Es gebe einen "klaren Linksdrall". In dem am Donnerstag veröffentlichten Interview warf er den Anstalten "Meinungsmanipulation" vor, etwa durch das Weglassen von Tatsachen und die Anwendung von "Tricks". "Ich halte es für eine Schande, dass die Aufsichtsbehörden diesen öffentlich-rechtlichen Rundfunk nicht in der Hinsicht wirklich einmal korrigieren und dafür sorgen, dass so etwas nicht mehr stattfindet", sagte Maaßen. Er brachte einen "NDR-Untersuchungsausschuss" ins Gespräch.

Der NDR sei für die "Tagesschau" zuständig, erklärte er. "Wenn man sieht, dass es da auch Verbindungen gibt zwischen der 'Tagesschau' oder zwischen Personen, die für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk und 'Tagesschau' arbeiten, und der linken und linksextremen Szene – dann wäre das wirklich auch eine Untersuchung wert, dass auch die Biografie von einigen Redakteuren einmal auf den Prüfstand gestellt wird, ob diese Leute die charakterliche Eigenschaft haben, (...) die 'Tagesschau' durch Redaktion zu begleiten." Konkreter wurde Maaßen in dem Punkt nicht.

Am Sonntagabend bekräftigte Maaßen, dass Presse- und Rundfunkfreiheit in Deutschland Verfassungsrang haben. "Unabhängiger Journalismus und ein politisch unabhängiger #OERR (öffentlich-rechtlicher Rundfunk) sind für die Demokratie unverzichtbar", schrieb er bei Twitter. "Tendenziöse Berichterstattung im #OERR kritisiere ich. Auch das gehört zur Meinungsfreiheit. Klar ist aber: Eine 'Gesinnungskontrolle' journalistischer Arbeit durch die Politik darf es nicht geben."

"Hoher Anspruch an Objektivität"

NDR-Sprecherin Barbara Jung teilte am Wochenende auf Anfrage der dpa mit, die "Tagesschau" habe einen "hohen Anspruch an Objektivität und Sorgfalt in der Berichterstattung". Sie folge bei der Nachrichtenauswahl ausschließlich journalistischen Kriterien. "Die 'Tagesschau' steht damit für ausgewogenen, nachvollziehbaren und durch Fakten belegten Journalismus."

Die Vorsitzende der Rundfunkkommission der Länder, die rheinland-pfälzische Regierungschefin Malu Dreyer (SPD), teilte der dpa mit: "Wir haben in Deutschland eine starke, freie und pluralistische Medienlandschaft. Die Unterstellung von Maaßen ist infam und hat nur ein Ziel: die Glaubwürdigkeit in den Journalismus und insbesondere in den öffentlich-rechtlichen Rundfunk zu erschüttern." Sie sprach von einem "Angriff auf die Pressefreiheit, eine wichtige Säule unserer Demokratie".

Kritik aus eigenen Reihen

Auch aus den Reihen der Union kam Kritik. Der Landesvorsitzende der CDU Hamburg, Christoph Ploß, sagte am Sonntagabend im Politiktalk "Die richtigen Fragen" auf "Bild Live" mit Blick auf Maaßens Einlassungen zur "Tagesschau"-Redaktion: "Ich halte eine solche Äußerung für inakzeptabel. Das entspricht auch in keiner Weise der Position der CDU." Der CDU-Vorsitzende in Niedersachsen, Bernd Althusmann, sagte der "Neuen Osnabrücker Zeitung": "Maaßen schadet der Partei nachdrücklich mit Positionen, die wir nicht teilen." Er erklärte weiter: "Wenn für Herrn Maaßen Grundwerte der Partei, für die er in den Bundestag einziehen will, nichts bedeuten, sollte er sich eine andere Partei suchen. Für uns ist und bleibt die Pressefreiheit unantastbar." (Reuters, APA, dpa, red, 5.7.2021)