So, wie er dasteht, mit allem, was ihn schöner und uns das Leben auf der Straße leichter und komfortabler macht, kostet dieser Testwagen 130.000 Euro, das ist schon ein sehr stolzer Preis. Dafür bekommt man jedenfalls einen Exoten unter den BMW-Modellen. Einen Gran Turismo, der der 5er-Reihe entwachsen ist, eine elegante Fließhecklimousine irgendwo zwischen Coupé und Kombi. Der 6er GT ist kein Verkaufsschlager, das mag mit ein Grund sein, warum ein Nachfolger nicht in Sicht und auch nicht sehr wahrscheinlich ist. Wir reiten diesen blauen Buckelwal also mit Wehmut.

Elegant und doch noch praktisch, sportlich, aber gutmütig. Wir mögen Wale, Buckelwale ganz besonders.
Foto: Stockinger

Die große Stärke ist im Kürzel GT verborgen, es geht um die große Reise, das lange Unterwegssein. Das geht mit diesem 6er tatsächlich außerordentlich gut, das hat zwei Gründe, wahrscheinlich sind es mehr: das Unterwegssein und der Platz, den man dabei für sich, andere und das Gepäck hat.

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Das Unterwegssein ist unglaublich komfortabel, man steigt nach langen Strecken frisch und munter und erholt aus, das Fahren ist die reine Freude zwischen Entspannung und Anspannung, der Wagen ist ja nicht nur saugemütlich, sondern auch richtig gut motorisiert. 340 PS bieten nicht nur sicheren Fahrkomfort, sondern auch jede Menge Freude, um nicht zu sagen: Spaß.

Das fahrerische Wildschwein

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Wie gesagt: Als GT ist der Wagen für die lange Distanz ausgelegt, Fahrwerk und Motor lassen sich aber auch für abwechslungsreichen Betrieb auf den einzelnen Wegstrecken sportlich adjustieren. Der doppelt aufgeladene Reihensechszylinder-Diesel sorgt für mächtig anhaltenden Schub. Die Achtgang-Automatik kann alles, vom schnellen, knackigen Schaltwechsel im Sport-Modus bis zum spritsparenden Segeln bei günstigem Fahrtwind, unterlegt von einem sanften Mildhybrid-Boost. Für Sicherheit und Grip in allen Lagen sorgt der Allradantrieb, der beim 6er GT vorgegeben ist.

Wenn man jetzt das fahrerische Wildschwein raushängen lässt, wird der Spritverbrauch dementsprechend sein. Wer aber vorausschauend fährt und im Dauerlauf den Eco-Mode bemüht, wird auf einen Verbrauch um die sieben Liter und sogar darunter kommen, das ist angesichts der anstehenden Leistung bei einem Gewicht von fast 2,1 Tonnen (noch ohne mich) schon verblüffend. Da wird mancher SUV-Fahrer neidig werden. Der Motor stammt übrigens aus Österreich und ist ein waschechter Steyrer.

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Die Abstimmung ist komfortabel, aber keineswegs weich, kann im Sportmodus auch härter konfiguriert werden. Die Lenkung ist direkt und präzise und wird mit zunehmendem Einschlag noch einen Tick direkter. Stehenbleiben funktioniert dank der M-Sportbremse auch recht flott und direkt.

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Die Platzverhältnisse sind großzügig bemessen, sowohl in der ersten wie in der zweiten Reihe. Auch großgewachsene Fahrer werden hier nicht anecken, im Fond lässt es sich auch noch gemütlich sitzen und entspannen.

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Grafik: Der Standard

Die Heckklappe ist riesig, darunter findet sich üppig Platz für das Transportgut. Nach Umlegen der teilbaren Fondlehnen bleibt der Boden eben. Mit einem Kofferraumvolumen von 600 bis 1800 Liter übertrumpft der 6er sogar viele klassische Kombis. Die Kofferraumkante ist angenehm niedrig, das lädt zum Laden ein.

Das jüngste Facelift ließ die Nieren wachsen, das nehmen wir einmal so hin, dass die Scheinwerfer noch schärfer dreinschauen, soll auch so sein, es wird sich niemand ernsthaft erschrecken.

Die Sprach- und Gestiksteuerung funktioniert überraschend gut, man bemüht sich, das eigene Nuscheln zu überwinden. Und wenn sich das Bordsystem versehentlich angesprochen fühlt, weil in der Konversation mit dem Sohnemann die Schlüsselwörter fielen, dann sorgt das zumindest für einen Unterhaltungseffekt. Lustig ist es, das Auto. (Michael Völker, 12.7.2021)