Die beiden SPÖ-Mitglieder Rainer Hofmann und Heinz Rohrmoser blicken in ihrem Gastkommentar sorgenvoll auf die eigene Partei und wundern sich.

Mit Interesse, aber auch mit großer Sorge verfolgen wir "alte" Sozialdemokraten und "einfache Parteimitglieder" die momentane Entwicklung der Sozialdemokratie in Österreich. Besonders die unberechenbare Heckenschützenpolitik am vergangenen Parteitag bereitet uns Sorge, weil offenbar eine unbedarfte Clique von unzufriedenen Delegierten die Gelegenheit nutzte, in feiger hinterhältiger Art eine Streichorgie gegen die amtierende Parteivorsitzende zu organisieren.

Schwere Zeiten für SPÖ-Chefin Pamela Rendi-Wagner.
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Wer sind diese Delegierten, die ihren Unmut nicht am Rednerpult in Form von berechtigter oder auch unberechtigter Kritik zu äußern wagten? Weshalb haben sie sich nicht, wie in der Sozialdemokratie üblich, mit ihrer Kritik ans Tageslicht getraut? Dazu fehlte ihnen der Mut – eine der wesentlichen Tugenden unserer Bewegung. Ist der Zustand der Partei bereits so weit "gediehen", dass dieses "Duckmäusertum" begünstigt wird?

Derlei Fragen beschäftigen uns "Alte", die jederzeit ihre sozialdemokratische Meinung in den verschiedensten Situationen vertreten haben und dafür häufig im öffentlichen Raum geradegestanden sind. Gerade deshalb wundert es umso mehr, weshalb der Vorsitzenden Pamela Rendi-Wagner während ihrer Rede von allen Seiten Beifall gezollt wurde, ein Teil davon jedoch in der Folge ihr bei der Wahl die Zustimmung verweigerte, sodass "nur" 75 Prozent sie zur Parteivorsitzenden wählten. Wobei eines schon anzumerken ist: Welches Ergebnis hatte sie sich erwartet, und welche Erwartungen wurden und werden jedoch von der großteils bürgerlichen Presse hervorgerufen?

Schwere Aufgabe

Rendi sprach im Vorfeld von einem Ergebnis von 71 Prozent wie bei der gut geglückten Mitgliederbefragung, und das hat sie ja unbestritten übertroffen. Die Berichterstattung in den Zeitungen danach spricht von Debakel. Aber lassen wir die Kirche im Dorf: Bruno Kreisky wurde mit knapper Mehrheit gegen Hans Czettel Parteivorsitzender, ja zugegebenermaßen gegen einen Kandidaten, das ist richtig.

Aber Rendi-Wagner hatte wohl auch den einen oder die andere Gegenkandidatin/Gegenkandidaten, allerdings im Verborgenen, und das schmerzt umso mehr. Wenn niemand vorangehen will, Rendi-Wagner jedoch mit ihrem bewundernswerten Stehvermögen sich dieser unheimlich schweren Aufgabe stellt, dann sollten – nein müssten – alle Delegierten sie unterstützen! Erinnern wir uns doch zurück: Christian Kern ging, ein Mann, auf den viele all ihre Hoffnungen setzten, und was blieb?

Rendi-Wagner war und ist die Frau der Stunde. Wenn es in dieser derzeit schwer gebeutelten Republik wieder aufwärts gehen soll, sind Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten zur Stelle. Voran, Frau Rendi-Wagner! Wann, wenn nicht jetzt! (Rainer Hofmann, Heinz Rohrmoser, 6.7.2021)