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Mohammed bin Zayed (rechts), Kronprinz von Abu Dhabi, galt als Mentor des jungen saudischen Königssohns Mohammed bin Salman (links). Aus der einstigen Partnerschaft ist ein scharfes Konkurrenzverhältnis geworden.

Foto: WAM/Handout via REUTERS

Den neuen Turbulenzen in der Opec liegen Unstimmigkeiten zwischen zwei Golfstaaten zugrunde, zwischen die vor drei, vier Jahren noch kein Blatt Papier gepasst hat: Im Dezember 2017 machten Saudi-Arabien und die Vereinigten Arabischen Emirate (VAE) ihre "strategische Angleichung" (strategic alignment) sogar durch ein Partnerschaftsabkommen offiziell, das Abu Dhabi und Riad weit über ihre Beziehungen innerhalb des Golfkooperationsrats GCC hinaus enger zusammenrücken ließ. Sowohl in der Sicherheits- als auch in der Handelspolitik sollte an einem Strang gezogen werden.

Mitte 2021 sieht das wieder ganz anders aus. Das Ölzerwürfnis ist nur ein letztes Symptom dafür, dass aus der Partnerschaft ein scharfes Konkurrenzverhältnis geworden ist.

Was ist passiert? 2017, das war das erste Jahr der Präsidentschaft von Donald Trump in den USA, und die in Washington bestens vernetzten Emiratis fungierten dort als Türöffner für den damals 32-jährigen saudischen Königssohn Mohammed bin Salman (MbS), der im Juni 2017 auf die nicht ganz feine Art – durch Ausschalten seines Cousins – Kronprinz wurde. Überhaupt galt der Kronprinz von Abu Dhabi, Mohammed bin Zayed (MbZ), der de facto für seinen kranken Bruder die VAE regiert, als Mentor des jungen Saudis.

MbZ ist auch der Erfinder der PR-trächtigen Öffnungspolitik nach außen, die MbS teilweise übernommen hat. Demokratischer sind beide Staaten deshalb nicht geworden. Saudi-Arabien strebt die Führungsrolle in der arabischen Welt an – vom Islam zum arabischen Nationalismus –, hat aber in Washington, wo Joe Biden wieder Menschenrechtspolitik macht, an Ansehen eingebüßt. Und da können die VAE im Moment auch nicht weiterhelfen, haben also für Riad an Wert eingebüßt. Momentan hält sich zum ersten Mal wieder ein hoher Offizieller, MbS' Bruder Khaled, der zur Zeit des Mords an Jamal Khashoggi saudischer Botschafter in Washington war und jetzt Vizeverteidigungsminister ist, zu Besuchen in der US-Hauptstadt auf.

Jemen und Katar

Saudi-Arabien und die VAE waren gemeinsam 2015 in den Jemen-Krieg eingestiegen – MbS war bereits saudischer Verteidigungsminister –, und sie zogen 2017 unisono die Isolierung ihres GCC-Bruderstaates Katar durch. Im Jemen war die Eindämmung des Einflusses des Iran, der die Huthi-Rebellen unterstützt, das große Thema, in Katar die Türkei- und Muslimbrüder-freundliche Politik.

Erste Bruchlinien zwischen Saudi-Arabien und den VAE zeigten sich im Jemen, als Letztere begannen, südjemenitische Separatisten dabei zu unterstützen, sich aus dem Krieg gegen die Huthis abzusetzen – und überhaupt ihr eigenes strategisches Süppchen in der Region zu kochen. Die Emirate mischen mittlerweile vom Horn von Afrika bis nach Mauretanien mit. Saudi-Arabien schlug zu Jahresbeginn 2021 hingegen einen strategischen Haken und lenkte den GCC auf einen Versöhnungskurs mit Katar und damit der Türkei, wovon sich die Emiratis überrumpelt fühlten.

Die VAE machten hingegen im Herbst 2020 den gewichtigen strategischen Schritt einer Normalisierung mit Israel, den die Saudis aus eigener Sicht (noch) nicht mittragen konnten. Ging man davon aus, dass zumindest MbS – wenngleich nicht sein Vater, König Salman – die Annäherung prinzipiell politisch unterstützte, zieht Saudi-Arabien nun angesichts einer rasanten wirtschaftlichen israelisch-emiratischen Integration die Bremse. Israelische oder teilweise von israelischen Firmen produzierte Waren dürfen nicht mehr über die Emirate – also zollbegünstigt – importiert werden.

Attacke auf Standort Dubai

Die Emiratis orten auch eine Attacke gegen ihren Standort Dubai: Die Saudis verlangen von internationalen Unternehmen, die saudische Regierungsaufträge wollen, dass sie ihre Headquarters nach Riad verlegen. Auch dass Saudi-Arabien sich mit großen Kampagnen als neues Tourismusziel stilisiert, wird in den VAE, die bisher mit Dubai die Nase vorne haben, mit Sorge gesehen.

Am Ende kam auch noch ein Zwist über den Umgang mit Covid-19 hinzu. Die VAE sind beleidigt, weil Riad sie vor einigen Tagen mit einem Einreisebann belegte – und damit in einen Topf mit Vietnam und Äthiopien warf. Das Problem ist aus saudischer Sicht, dass in den Emiraten stark mit chinesischem Impfstoff geimpft wurde – zu wenig Sicherheit gegen die sich auch am Golf ausbreitende Delta-Variante. (Gudrun Harrer, 7.7.2021)