Jakob Pöltl hat nach Saisonende eine Zeitlang dem Spielgerät entsagt. Jetzt ist er wieder fast nur noch mit Ball anzutreffen.

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"Ich bin ein Typ, der gerne unter dem Radar unterwegs ist", sagte Jakob Pöltl, ehe ihm bewusst wurde, dass dem seine Leibhaftigkeit entgegensteht. "Das ist bei meiner Größe ohnehin schwer." Immerhin, daheim in Österreich ist es oft und oft nur seine Höhe von 2,16 Metern, die für Aufsehen sorgt. Pöltls unbestrittene sportliche Größe führt nicht in jedem Fall zu Aufläufen, wie sie für einen Spieler der besten Basketballliga der Welt zum Beispiel in den USA völlig selbstverständlich wären.

Der 25-jährige Wiener hat immerhin die beste Saison seiner noch jungen Karriere in der National Basketball Association (NBA) hinter sich. Er gehörte bei den San Antonio Spurs zum Stammpersonal, persönliche Rekord purzelten der Reihe nach. "Ich habe schon gespürt, dass sich der Stellenwert ändert", sagte Pöltl am Dienstag bei einem Pressegespräch an den Gestaden der Alten Donau zu Wien. "Die Verantwortung im Team steigt, meine Meinung zählt mehr."

Plausch in Texas

Pöltl hatte vor seinem Sommerurlaub in Österreich noch in San Antonio mit Chefcoach Gregg Popovic und anderen Schlüsselkräften der Texaner geplauscht. "Ich bin jetzt auch mehr involviert in das Spurs-Projekt", sagte der Center. "Wir können echt auf etwas aufbauen."

Zweimal in Folge haben die Texaner zuletzt die Playoffs verpasst. Die Ansprüche beim fünfmaligen Meister seien aber nach wie vor hoch. "Es ist eine lange Reise zurück ins Finale", sagte Pöltl und verwies auf einen aktuellen Finalisten, die Milwaukee Bucks, und seine Erfahrung als Spieler der Toronto Raptors (zwischen 2016 und 2019). "Die haben wir in der ersten Playoff-Runde geschlagen. Es braucht eben Jahre."

San Antonio habe Talent genug, um den gleichen Weg zu gehen, sofern im Sommer die Weichen richtig gestellt werden. Offen ist, ob die Spurs die Verträge von Topscorer DeMar DeRozan sowie der Routiniers Rudy Gay und Patty Mills verlängern. "Wir haben durchaus Gehaltsspielraum, um neue Spieler reinzubringen." Das verdanken die Spurs auch den Verhandlungen mit Pöltl. Der unterschrieb im Vorjahr noch als Reservist einen mit 26,25 Millionen Dollar (rund 22 Millionen Euro) dotierten Dreijahresvertrag.

In der kommenden Saison verdient Pöltl 8,75 Millionen Dollar, für einen Stammcenter in der NBA ist das eher bescheiden. Pöltl: "Die Vertragsverhandlungen würden ein bisschen anders aussehen, wenn sie diesen Sommer wären." Der "Baum", wie Pöltl als Nachwuchsspieler geheißen wurde, ist mit seinem Gehalt dennoch zufrieden. "Es gibt keinen Grund, sich zu beschweren. Ich arbeite jetzt auf meinen nächsten Vertrag hin." In San Antonio sieht er dafür eine gute Ausgangsbasis. "Und nachdem mir Geld nicht so wichtig ist, stört es mich nicht, dass ich vielleicht ein bisschen unterbezahlt bin."

Heilende Wunden

Unter den Erwartungen waren die Spurs in der Vorsaison mit dem Aus im Mai im Play-in-Turnier für das Playoff gegen die Memphis Grizzlies gewesen. Mit der Zeit heilen die Wunden. Pöltl kann jetzt die persönlichen Entwicklungsschritte schätzen, "die ich fast schon für selbstverständlich gehalten hatte". In der Offensive geht noch viel mehr, Pöltl will "facettenreicher" werden und "mein Repertoire auf allen Levels steigern".

Eher den Grundlagen, zuvorderst punkto Wurftechnik, dient aktuell das in Quantität und Qualität eng mit den Spurs abgestimmte Training in der Halle seines Stammklubs D.C. Timberwolves in Wien. Im August kehrt Pöltl nach Texas zurück. Davor würde er gerne an einem Trainingscamp der österreichischen Nationalmannschaft teilnehmen. Die Freigaben seines Klubs und der NBA stehen noch aus.

Bis dahin versucht Pöltl, unter dem Radar zu bleiben – der Erholung wäre das zuträglich. (Sigi Lützow, 6.7.2021)