Die deutsche Polizei verdächtigt zwei Männer, vorab von den Anschlagplänen in Wien 2020 gewusst zu haben.

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Karlsruhe/Wien – Rund acht Monate nach dem islamistischen Terroranschlag in Wien mit vier Toten hat die deutsche Bundesanwaltschaft die Wohnungen zweier mutmaßlicher Mitwisser in Osnabrück und Kassel durchsuchen lassen. Die jungen Männer, die schon kurz nach dem Attentat ins Visier der Ermittler geraten waren, seien der Nichtanzeige geplanter Straftaten verdächtig, teilte die Karlsruher Behörde am Mittwoch mit.

Demnach haben die Ermittler inzwischen Hinweise darauf, dass die beiden Männer, ein Kosovare und ein Deutscher, seit einem Besuch bei dem späteren Attentäter im Juli 2020 von dessen Absichten wussten. So hätten sie am Tag des Anschlags schon vor dessen Beginn angefangen, auf ihren Handys und in sozialen Netzwerken ihre Kommunikation mit dem Attentäter zu löschen. Ihnen wird vorgeworfen, die Sicherheitsbehörden dennoch nicht vor der Tat gewarnt zu haben.

"Deutsches Verfahren"

Spezialkräfte der Bundespolizei, die Sondereinheit GSG 9 sowie Beamte des Bundeskriminalamtes seien in Osnabrück (Niedersachsen) und Kassel (Hessen) im Einsatz gewesen, hieß es. Grundlage des Einsatzes seien Durchsuchungsbeschlüsse des deutschen Bundesgerichtshofs gewesen. Laut einem Sprecher der Staatsanwaltschaft Wien handelt es sich um ein "originär deutsches Ermittlungsverfahren". Unter den Todesopfern in Wien befand sich ja auch eine 24 Jahre alte deutsche Staatsangehörige. Vier weitere Deutsche wurden verletzt. Ein Amtshilfe-Ersuchen aus Österreich gab es zu den beiden Verdächtigen nicht. Die Informationen werden laut einem Behördensprecher aber abgeglichen.

Bei dem Anschlag vom 2. November waren insgesamt vier Personen getötet und 23 weitere Menschen teils schwer verletzt worden. Der Täter, ein 20-jähriger radikaler Islamist, war von der Polizei erschossen worden. Die Extremistenmiliz "Islamischer Staat" (IS) reklamierte die Tat im Anschluss für sich, inwieweit der Täter tatsächlich mit deren Vertretern in Kontakt stand, ist offen. Die beiden nun in Deutschland der Mittäterschaft beschuldigten Männer verfolgen laut Generalbundesanwalt ebenfalls eine radikalislamische Gesinnung. Sie standen demnach schon längere Zeit vor der Tat in Wien in Kontakt mit dem Attentäter.

Waffe kurz vor Treffen mit Verdächtigen gekauft

Der Kosovare und der Deutsche gerieten schon kurz nach dem Attentat ins Visier der deutschen Ermittler. Am 6. November 2020 hatte die Bundesanwaltschaft die Wohnungen von insgesamt vier Männern im Alter von 19 bis 25 Jahren durchsuchen lassen, die Verbindungen zu dem Attentäter gehabt haben sollen. Damals wurden aber noch alle als Zeugen geführt, es ging um die Sicherstellung möglicher Beweise. Wie die deutsche Bundesanwaltschaft nun mitteilte, kaufte der spätere Attentäter kurz vor den Treffen in Wien das beim Anschlag genutzte Schnellfeuergewehr. Das DNA-Profil einzelner Teilnehmer der Treffen habe später auf der Waffe und auf dem IS-Siegelring nachgewiesen werden können, den der Attentäter bei der Tat getragen hatte.

In Österreich laufen Ermittlungen gegen 33 Verdächtige. Sieben davon befinden sich nach Angaben eines Behördensprechers vom Mittwoch aktuell in Untersuchungshaft. Der Verdacht lautet auf kriminelle Organisation, terroristische Vereinigung sowie Beitrag zu terroristischem Mord. Die heimischen Behörden kooperieren unter anderem mit Kollegen in Italien, Deutschland und der Slowakei.

Antiterrorpaket verabschiedet

Der Nationalrat hat am Mittwoch ein Antiterrorpaket beschlossen. Ablehnung kam von der FPÖ, der die Maßnahmen nicht weit genug gehen und die sich für die Identitären stark machte. In Details distanzierten sich aber auch SPÖ und Neos. Unter anderem werden Fallkonferenzen ausgeweitet, und es wird eine Fußfessel bei bedingter Entlassung von nach Terrorparagrafen Verurteilten ermöglicht.

Verschärft werden die Bestimmungen nach einer bedingten Entlassung. Täter können künftig mittels Weisung unter anderem zu einer Distanzierung von einem Umfeld angehalten werden, das zu deren Radikalisierung beigetragen hat – etwa radikal-salafistische Bewegungen und Bethäuser. Aber auch Tätigkeiten wie die Arbeit in Jugendvereinen können untersagt werden. Zur Überwachung wird es möglich, bedingt Entlassene zum Tragen einer elektronische Fußfessel zu verpflichten. FPÖ-Sicherheitssprecher Hannes Amesbauer warf dazu ein, dass man wohl auch mit einer Fußfessel einen Terrorakt setzen könnte. (APA, red, 7.7.2021)