Robert (35), ehemalig langzeitarbeitslos, arbeitet seit Februar 2021 in der Holzwerkstatt im Projekt Magma des AMS Niederösterreich am Gelände der historischen Textilfabrik in Gramatneusiedl.

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Die Langzeitarbeitslosigkeit in Österreich ist Corona-bedingt immer noch hoch – und die Pläne, um sie zu verringern, ähneln einer Rosskur. Da kursiert, Marke Wirtschaftskammer, die Idee, Arbeitslosengeld und Notstandsunterstützung mit der Zeit massiv abzusenken. Arbeitsminister Martin Kocher wiederum will das Arbeitsmarktservice (AMS) zum Ausschöpfen aller Sanktionen – sprich: Bezugssperren – verpflichten, um trotz Löhnen unterhalb des Soziahilfeniveaus die Arbeitsmoral zu stärken.

Im niederösterreichischen Gramatneusiedl geht man einem anderen Weg . Dort, wo in den 1930er-Jahren Marie Jahoda, Paul F. Lazarsfeld und Hans Zeisel die bahnbrechende Studie "Die Arbeitslosen von Marienthal" durchführten und dabei feststellten, wie lähmend lang anhaltende Joblosigkeit wirkt, wird die Arbeit zu den Menschen – und nicht die Menschen mit viel Druck zur Arbeit – gebracht. Im Rahmen eines AMS-Projekts unter der Leitung des Soziologen Jörg Flecker wurden sämtlichen 150 Langzeitarbeitslosen der Gemeinde Übergangsarbeitsplätze zur Verfügung gestellt.

Wege aus der Depression

Die vielschichtige und berührende "Am Schauplatz"-Reportage von Kim Kadlec begleitet einige von ihnen. Etwa den 52-jährigen Exbetreiber eines Gramatneusiedler Schuhgeschäfts; seit es schließen musste, hat er erfolglos dutzende Bewerbungen verfasst – jetzt hat er endlich einen Job. Oder ein Paar, das in einer Werkswohnung aus der Marienthal-Zeit lebt. Der Bericht zeichnet seinen Weg aus Depression und Geldnot zu Schuldenrückzahlung und Familiengründung nach.

Gute Arbeit adelt den Menschen, lautet hier die Message. Sehr empfehlenswert. (Irene Brickner, 7.7.2021)