Wien – Im Fall Leonie wird es vermutlich noch Wochen dauern, bevor die Gutachten zur genauen Todesursache des 13-jährigen Mädchens vorliegen. Wie die Staatsanwaltschaft Wien am Mittwoch bestätigte, sind die in Auftrag gegebenen Expertisen sehr umfangreich.

Aus dem Polizeiakt mit den Aussagen der drei in U-Haft befindlichen Afghanen (ein vierter Verdächtiger dürfte sich nach Italien abgesetzt haben) geht hervor, dass illegale Drogen dabei eine wesentliche Rolle gespielt haben dürften. Das unmündige Mädchen hat in der Nacht auf 26. Juni in der Sozialwohnung eines der Verdächtigen vermutlich mehrere Ecstasy-Pillen gegen ihren Willen verabreicht bekommen. Über die Menge machten die Verdächtigen, gegen die wegen Vergewaltigung mit Todesfolge ermittelt wird, unterschiedliche Angaben.

Drei Tatverdächtige sind in der Justizanstalt Josefstadt in U-Haft. Nach einem vierten Afghanen wurde Mittwoch noch gesucht.
Foto: APA/Neubauer

Mehr als zehn Ecstasy-Pillen

In den Befragungen ist mehrmals von sieben Pillen die Rede. Zuvor habe die 13-Jährige aber bereits aus eigenem Antrieb eine bis drei Tabletten genommen, will einer gesehen haben. Ein anderer Verdächtiger sprach von mehr als zehn Tabs, die teilweise in Orangensaft gemischt waren und über deren Menge Leonie nicht Bescheid gewusst habe. Zumindest einer der 16- bis 23-jährigen Afghanen soll auch Kokain konsumiert haben.

Eine Überdosis Ecstasy kann jedenfalls zu einem lebensbedrohlichen Kreislaufzusammenbruch führen. Zwei der Verdächtigen sollen das bereits wehrlose Mädchen vergewaltigt, die anderen nichts dagegen unternommen haben. Als Leonie nicht mehr zu Bewusstsein kam, sollen die Verdächtigen sie auf einem Grünstreifen in der Nähe des Tatortes abgelegt haben.

Spürhund fand Tatort

Nach Erkenntnissen der Polizei hat dann einer der Afghanen um 6.59 Uhr die Rettung gerufen und so getan, als habe er gerade als Passant das leblose Mädchen gefunden. Reanimationsversuche einer anderen Passantin und der zu Hilfe gerufenen Sanitäter blieben erfolglos. Ein Spürhund der Polizei führte die Ermittler wenig später bis unmittelbar vor die Tatortwohnung in einer großen Wohnanlage in der Erzherzog-Karl-Straße. Hinter einem Gebüsch ums Eck wurde auch ein Teppich gefunden, mit dem das Opfer vermutlich auf die Straße getragen worden war. Den entscheidenden Hinweis lieferte aber einen Tag später ein kurdischer Asylwerber, dem sich einer der mutmaßlichen Täter anvertraut hatte. Der Kurde half der Polizei auch, einem anderen Verdächtigen eine Falle zu stellen.

Treffen am Donaukanal

Leonie und der mit 16 Jüngste der Tatverdächtigen, der erst seit einer Familienzusammenführung im April in Österreich ist, hatten einander vor kurzem kennengelernt. Gemeinsam waren sie am Vorabend des Verbrechens am Donaukanal, wo sie den Afghanen trafen, in dessen Wohnung sie später fuhren. Per Whatsapp teilte Leonie ihrer Mutter in Tulln noch mit, dass sie heute nicht mehr nach Hause komme.

Das Mädchen machte gerade eine, wie ihre Mutter sagte, "rebellische" Phase durch. Die Familie hatte sich deswegen schon Hilfe beim Jugendamt geholt. Vernachlässigt sei die 13-Jährige aber nie worden, widersprechen die Behörden diversen Anschuldigungen im Netz. (simo, red, 7.7.2021)