Es ist die anscheinend reizvollste Wunschvorstellung von Strafverfolgungsbehörden: Nachrichten zu lesen, die eigentlich verschlüsselt und damit von niemand anderem als ihren Teilnehmern aufrufbar sind. Das EU-Parlament hat nun einen ersten Schritt in diese Richtung gesetzt. Messengerdienste dürfen Nachrichten automatisiert nach Inhalten, die Kindesmissbrauch darstellen, durchforsten. In Kürze will die Kommission ein Gesetz vorstellen, das sie dazu verpflichtet. Das Problem: Es gibt dafür keine technischen Möglichkeiten, die die Sicherheit der Nachrichten wahren.

Messengerdienste dürfen Nachrichten nach Inhalten, die Kindesmissbrauch darstellen, durchforsten.
Foto: AFP/GABRIEL BOUYS

Die EU-Kommission erwägt zwar, die Verschlüsselung nicht direkt zu brechen, sondern Nachrichten stattdessen auf dem Smartphone selbst prüfen zu lassen. Aber auch damit erzwingt sie im Endeffekt eine Art staatlich vorgeschriebene Spionagesoftware, die Dritten erlaubt, auf private Inhalte zuzugreifen.

Auch abseits der Debatte über IT-Sicherheit stellt sich die Frage, inwiefern eine derartige Pflicht grundrechtlich verhältnismäßig ist. Schließlich versendet der allergrößte Teil der Bevölkerung keine Darstellungen von Kindesmissbrauch. Trotzdem wird er unter Generalverdacht gestellt: Jeder Nutzer und jede Nutzerin soll stets überwacht werden – und das von automatisierten Systemen, die fehleranfällig sind. Aber vielleicht geht es hier gar nicht um Kampf gegen Kindesmissbrauch – sondern eben um den Aufbau einer solchen Infrastruktur. (Muzayen Al-Youssef, 7.7.2021)