Kane trifft und wird gemocht.

Foto: AFP/GRIFFITHS

Die dänische Reise ist beendet.

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England greift nach der Krone, Dänemark geht in die Knie: Die Three Lions lassen das Mutterland des Fußballs weiter vom Titel träumen und stehen erstmals in einem EM-Finale – die wundersame Reise der dänischen Außenseiter endet dagegen auf ganz bittere Weise in Wembley. Die Engländer gewannen ein enges Halbfinale mit 2:1 (1:1) nach Verlängerung und gehen am Sonntag mit Schwung ins Endspiel gegen Topfavorit Italien. 55 Jahre nach dem WM-Sieg im eigenen Land winkt endlich der zweite große Triumph.

Es wurde wie erwartet die nördliche Ausgabe des Südländer-Duells zwischen Italien und Spanien. Dänen und Engländer kamen bei aller Leidenschaft ohne Ballstafetten aus, flottes Spiel in die Spitzen war da wie dort angesagt. Das Ergebnis war lange wunderbare Ausgeglichenheit in Ballbesitz und Torversuch. Nur auf den mit rund 60.000 Zusehern besetzten Tribünen herrschte eine klare Überlegenheit – Kunststück, dänische Fans waren durch ein strenges Quarantäneregime abgeschreckt worden.

Freistoß-Tor

Geändert hat das an der Gefährlichkeit der Truppe von Coach Kasper Hjulmand allerdings nichts. Erneut stürmte Kasper Dolberg statt Yussuf Poulsen von Beginn an, doch diesmal schrieb wieder der zweite Turnier-Rookie, Mikkel Damsgaard, an. Der 21-jährige Legionär von Sampdoria Genua, der den Dänen in der Gruppenphase gegen Russland (4:1) mit dem ersten Treffer das Tor zum Glück geöffnet hatte, traf direkt aus einem Freistoß (30.). Es war der erste einschlägige Treffer im 50. Spiel dieser EM.

Auf der anderen Seite wurde ein Rekord noch ausgebaut. Als Bukayo Saka in den Strafraum der Dänen stangelte, traf Kapitän Simon Kjaer im Bemühen, vor Raheem Sterling zu retten, ins eigene Tor (39.) – das elfte Eigentor im Turnier.

Nach Seitenwechsel flachte das Spiel deutlich ab, England erlangte ein leichtes Übergewicht, das in eine Führung münden hätte können, wenn Schiedsrichter Danny Makkelie bei einer Attacke von Christian Nörgaard gegen Harry Kane im Strafraum auf Elfmeter entschieden hätte (74.). Doch der Niederländer sah sich nach Videostudium in seiner ursprünglichen Entscheidung bestätigt – der Weg in die Verlängerung der ballersterischen Lustbarkeit war damit geebnet. Die englische Offensive wollte gegen zusehends ermattete Dänen einfach den Schlüssel zum Finale finden.

Frisch oder nass

Nach 11:4-Torversuchen ging es in die halbstündige Spielstreckung, die siebente dieser EM. Die "Three Lions" wirkten frischer, "Danish Dynamite" wirkte ziemlich nass. Englands Coach Gareth Southgate brachte zudem frische Kräfte wie Phil Foden, Jack Grealish und Jordan Henderson. Dem hatte Kollege Hjulmand nichts Gleichwertiges mehr entgegenzusetzen.

Als Kyle Walker folgerichtig mit einem Traumpass Kane bedient hatte, musste Kasper Schmeichel im Tor der Dänen seine ganze Kunst aufbieten, um den Versuch aufs lange Eck zu parieren (94.). Fortan rollten die englischen Attacken so regelmäßig wie die Atlantikwellen gegen die Kreidefelsen von Dover. Chancen boten sich im Minutentakt, doch erst ein fragwürdiger Elfer nach einer Allerweltsattacke von Joakim Maehle gegen Sterling beendete die dänischen Hoffnungen. Referee Makkelie sah sich durch den Videoassistenten bestätigt und Kane bezwang Schmeichel im Nachschuss (104.). Prinz William hätte da beinahe die Contenance verloren, Premier Boris Johnson ließ sich dafür publikumswirksam gehen. (Sigi Lützow, 7.7.2021)

Fußball-EM – Halbfinale:

England – Dänemark 2:1 (1:1,1:1) n.V. London, Wembley-Stadion, 65.000 Zuschauer, SR Makkelie/NED

Tore:
0:1 (30.) Damsgaard (Freistoß)
1:1 (39.) Kjaer (Eigentor)
2:1 (104.) Kane (Elfmeter-Nachschuss)

England: Pickford – Walker, Stones, Maguire, Shaw – Phillips, Rice (95. Henderson) – Saka (69. Grealish/106. Trippier), Mount (95. Foden), Sterling – Kane

Dänemark: Schmeichel – Christensen (79. Andersen), Kjaer, Vestergaard (105. Wind) – Stryger Larsen (67. Wass), Höjbjerg, Delaney (88. Jensen), Maehle – Damsgaard (67. Poulsen), Dolberg (68. Norgaard), Braithwaite

Gelbe Karten: Maguire bzw. Wass