Ungewöhnlicher Ort für ein Pressegespräch an einem heißen Donnerstagmorgen mit (von links) Notfallmediziner Moritz Haugk, Klimaforscherin Helga Kromp-Kolb, Gesundheitsminister Wolfgang Mückstein und Umweltministerin Leonore Gewessler (beide Grüne).

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Klimaschutzministerin Leonore Gewessler und Gesundheitsminister Wolfgang Mückstein (beide Grüne) kamen Donnerstagfrüh ins Schwitzen. Fragen der Journalistinnen und Journalisten können dazu beigetragen haben, es hatte aber bei dem Pressegespräch auf dem Wiener Heldenplatz um 9 Uhr Früh in praller Sonne schlichtweg bereits fast 30 Grad.

Ort, Zeit und körperliche Reaktionen auf diese Konstellation waren bewusst gewählt, ging es Gewessler und Mückstein, in Begleitung von Klimaforscherin Helga Kromp-Kolb und Notfallmediziner Moritz Haugk, denn auch um das Thema Hitze und ihre Auswirkungen auf die Gesundheit und das Leben des Menschen.

Gefährdeter Mensch

Dass es immer heißer wird, gefährde nicht nur die Artenvielfalt und den Planeten, es setze auch dem Menschen zu, fasste es Ministerin Gewessler zusammen. Insbesondere Menschen mit Vorerkrankungen und geringem Einkommen seien betroffen. Mit finanziellen Folgen für das heimische Gesundheitssystem: "Schon jetzt haben wir Kosten von bis zu 2,3 Milliarden Euro jährlich durch die Erderhitzung." Umso erfreulicher sei, dass am Mittwoch das Gesetz zum Ausbau der erneuerbaren Energie beschlossen wurde, sagte Gewessler.

Das Gesundheitsministerium fördert im Rahmen der Initiative "Gesundheitsförderung 21+" unter anderem Projekte, in denen Gesundheit und der Klimawandel gemeinsam gedacht werden und Klimaforscher und Gesundheitsexperten vernetzt an Lösungen arbeiten sollen. Insgesamt will Mückstein mit der Initiative Gesundheitsförderung auf neue Beine stellen.

Rund 300 Tote im Jahr

Rund 300 Personen sterben im Schnitt jedes Jahr in Österreich an den Folgen der Hitze, sagte Mückstein. Außerdem müssen an heißen Tagen mehr Menschen ins Spital gebracht werden, vielleicht auf die Station von Moritz Haugk, Vorstand der Abteilung für Notfallmedizin an der Klinik Hietzing. Neben Sonnenbrand und Sonnenstich kann es an solchen Tagen vermehrt zum Hitzekollaps oder Hitzschlag kommen, fasste Haugk zusammen und berichtete, dass immer wieder vorkomme, dass die Rettung Verstorbene in zuvor von der Feuerwehr aufgebrochenen, völlig überhitzten Wohnungen vorfinde.

Der Notfallmediziner rät den Menschen zu luftiger Kleidung, regelmäßigem Trinken – und für vorerkrankte beziehungsweise ältere Personen sei es sinnvoll, Nachbarschaftshilfe anzunehmen.

Bei Hitze haben denn auch die Einsatzkräfte mehr als alle Hände voll zu tun. So teilte die Wiener Berufsrettung an einem heißen Tag Ende Juni mit, innerhalb von 24 Stunden 1.191 Mal ausgerückt zu sein – weit öfter als im täglichen Schnitt von etwa 800 bis 900 Einsätzen.

Auf Wiese zehn Grad kühler

Die Tatsache, dass die Pressekonferenz auf der Wiese des Heldenplatzes stattfand statt auf dem Asphalt, nahm Klimaforscherin Kromp-Kolb zum Anlass, zu thematisieren, wie viel planerisch gegen Hitze getan werden kann. "Bis zu zehn Grad" könne der Temperaturunterschied zwischen einer Wiesen- und einer Asphaltfläche ausmachen, sagte die Wissenschafterin.

Apropos planerisch tätig sein: Gewessler wurde erneut zur in ihrem Ministerium laufenden Evaluierung der Asfinag-Projekte gefragt und ob sie den Bau des Lobautunnels absagen wolle. Im Herbst lägen die Ergebnisse vor, auf deren Basis werde man entscheiden, sagte sie einmal mehr, wie auch schon am Vorabend wortreich in der "ZiB 2". Mückstein stand zudem Rede und Antwort zu den Kreuzimpfungen gegen Corona. Warum er den Wechsel vom Vektor- zu einem mRNA-Impfstoff beim zweiten Stich nun positiv bewerte? "Es deuten Zahlen darauf hin, dass man das off label machen kann." Ausführliche Aufklärung durch Ärzte sei da in jedem Fall aber ganz wichtig.

Nun stand den meisten Anwesenden bereits der Schweiß auf der Stirn. (Gudrun Springer, 8.7.2021)