Innenminister Karl Nehammer (ÖVP) ist mit der Reform zufrieden. Er lobte – wie auch die Sicherheitssprecher aller Parteien – die gegenseitige Zusammenarbeit.

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Der Nationalrat beschloss am Donnerstag wie erwartet die Reform des Bundesamts für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung (BVT): Aus dem BVT wird die DSN, die "Direktion Staatsschutz und Nachrichtendienst", deren beide Bereiche strikt voneinander getrennt werden sollen. Die Regierungsfraktionen ÖVP und Grüne, aber auch SPÖ und FPÖ stimmten zu, nur die Neos nicht. Ihnen geht die Reform, trotz Verbesserungen, nicht weit genug – sie fordern, dass die neue parlamentarische Kontrollkommission auch laufende Ermittlungen untersuchen kann.

Seltene Harmonie

Die Debatte vor der Abstimmung offenbarte eine seltene Harmonie zwischen allen parlamentarischen Parteien – es gab überparteiliche Dankesworte und Lob noch und nöcher für das gemeinsam geschnürte Paket. ÖVP-Sicherheitssprecher Karl Mahrer bedankte sich etwa ausdrücklich beim Koalitionspartner und bei der Opposition für die konstruktive Zusammenarbeit. "Vom Gegeneinander zum Miteinander. Das ist gut. Im Dienste der Demokratie, des Parlamentarismus und der Menschen."

"Ein großes Danke an alle" gab es auch von Innenminister Karl Nehammer (ÖVP). Mit der Reform habe man "eine neue Schutzmauer für die Republik" gebaut, weil die alte bereits "porös" gewesen sei. Die Transparenz im Innenausschuss sei einzigartig in der Zweiten Republik gewesen. Freiheit brauche Sicherheit, so der Minister, und das stelle die Reform sicher. Das Zusammenführen in eine Organisationseinheit stelle sicher, dass die Informationen zusammenlaufen und dass das Risiko eines neuerlichen Terroranschlags reduziert werden könne – "und das muss das Ziel sein".

Vorgeschichte: Terroranschlag beschleunigte Reform

Die Vorgeschichte: Türkis-Grün hatte bereits im Koalitionsprogramm eine Neuaufstellung des BVT paktiert. So richtig in Fahrt kam das Vorhaben aber erst mit dem Terroranschlag in Wien Anfang November 2020, in dessen Vorfeld dem Verfassungsschutz gravierende Ermittlungspannen unterlaufen waren. Im März hat die Regierung dann einen ersten Entwurf in Begutachtung geschickt, Mitte Juni wurde die Regierungsvorlage im Ministerrat beschlossen. Im Innenausschuss des Nationalrats wurden dann noch einige Punkte im Sinne der Opposition verändert, wie SPÖ und FPÖ positiv hervorhoben. "Vor einem halben Jahr hätte ich noch nicht gedacht, dass ich eine Einigung mitverkünden darf", sagte FPÖ-Sicherheitssprecher Hannes Amesbauer. Er sei überrascht, dass die Opposition so stark eingebunden wurde.

Die Neos argumentierten auch am Donnerstag noch einmal für eine stärkere Kontrolloption. Auch die Zerbes-Kommission, die mögliche Ermittlungspannen im Vorfeld des Terroranschlags untersuchte – und feststellte –, habe ja zeitgleich mit den laufenden polizeilichen Ermittlungen gearbeitet. Daher könne das auch die parlamentarische Kontrollkommission tun, meinte Sicherheitssprecher Douglas Hoyos-Trauttmansdorff. Nehammer sagte dazu, die Zerbes-Kommission habe einen Zeitabschnitt kontrolliert, aber nicht die laufenden Ermittlungen.

Lob von FPÖ und SPÖ

"Wir haben wirklich zu fünft gut zusammengearbeitet", schloss sich auch FPÖ-Sicherheitssprecher Amesbauer den gegenseitigen Lobesworten an. Auch die Spitzenbeamten des Innenministeriums hätten "mehrfach und bis ins kleinste Detail" Einzelheiten erklärt. Es gebe den "ernstgemeinten Versuch einer entpolitisierten Führung", wobei man als "gelernter Österreicher" natürlich wisse, dass das nie ganz möglich sei. Dennoch handle es sich "um einen großen Wurf". Er wolle sich ausdrücklich bei allen Parteien bedanken, sagte Amesbauer. Auch die Neos hätten wertvolle Details eingebracht, es sei schade, dass sie nicht mitstimmten. "Natürlich. Mehr kann man immer haben." Auch SPÖ-Sicherheitssprecher Reinhold Einwallner findet es schade, dass es nicht zu einer Fünf-Parteien-Einigung kam, und schloss sich dem Dank gegenüber den anderen Parteien an.

Was und wie das gelungen ist, sei beides außergewöhnlich, sagte der Sicherheitssprecher der Grünen, Georg Bürstmayr. In anderen Ländern erlebe man, dass immer mehr in die Grundrechte der Bürgerinnen und Bürger eingegriffen werde, "wir haben das nicht gemacht". Unter anderem wurde der Rechtsschutzbeauftragte gestärkt, und es gibt eine unabhängige Stelle für Whistleblower. "Wie haben wir das gemacht? Alle haben Ideen eingebracht – und Kritik wurde angenommen." Auch das sei nicht selbstverständlich, aber es sei "grün", spricht Bürstmayr die Korrektur auf Wunsch der Opposition an. (lhag, 8.7.2021)