Es waren skurrile Szenen, die sich im April des Vorjahres vor Österreichs Bau- und Gartenmärkten abgespielt haben: Kaum war der erste Lockdown beendet, stürmten Blumenliebhaber und Balkongärtner die Bau- und Gartenmärkte. Die Schlangen vor den Geschäften waren teils hunderte Meter lang. Die Einkaufswagerln, die nach draußen geführt wurden, bis obenhin voll mit Erde, Samen und Jungpflanzen.

Der Lockdown ist nun längst vorbei, aber die Freude der Österreicher am Garteln hat angehalten. Die Nachfrage nach Gemüse- und Obstpflanzen sei extrem hoch, sagt Wolfgang Praskac, Geschäftsführer des gleichnamigen Pflanzenfachhändlers in Tulln. Das Obstsortiment des Betriebs sei zum Teil schon im Mai ausverkauft gewesen. Alle würden garteln wollen, sagt Praskac – "selbst wenn es nur ein Kistl oder ein Beet auf dem Balkon ist".

Die Nachfrage nach Obst- und Gemüsepflanzen war auch heuer wieder groß.
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Im Corona-Jahr 2020 ist der Umsatz des Fachgeschäfts um 30 Prozent gestiegen, heuer seien weitere zehn Prozent obendrauf dazugekommen, sagt der Unternehmer. Auch die Zahl der Neukunden sei deutlich gestiegen. "Das ist sicher darauf zurückzuführen, dass die Leute in der Lockdownphase viel zu Hause waren und gesehen haben, welches Potenzial sie eigentlich im Garten haben."

Ähnliches berichtet man auch beim Blumenmarkt Bellaflora. Es gebe einen Trend zum Selbstversorgergarten, sagt Geschäftsführer Franz Koll. Die Nachfrage nach Paprika-, Chilli-, Gurken- und Tomatenpflanzen sei groß. Darüber hinaus wurde auch in die Begrünung des Homeoffice investiert. Das Zimmerpflanzensortiment hat am deutlichsten zugelegt.

Der Gartenboom, wie Koll ihn nennt, habe den Betrieb im Vorjahr geholfen. Nichtsdestotrotz sei das Geschäft mit Lebendware nicht einfach gewesen: "Wir haben uns in einem stetigen Spannungsfeld zwischen Lockdowns und Aufholjagd, zwischen Verderb und Lieferengpässen wiedergefunden."

Sehnsucht nach einem Garten

Corona hat nicht nur die Lust am Ernten und Jäten geweckt, sondern auch die Sehnsucht nach einem eigenen Grünraum. Wer in Wien derzeit eine Gartenparzelle sucht oder sich einem Kleingartenverein anschließen will, braucht viel Geduld – und das nötige Kleingeld. Nur selten landen die Grundstücke auf Kleinanzeigenbörsen. Preise von mehr als 400.000 Euro für 350 Quadratmeter Grund plus Sommerhäuschen sind keine Seltenheit.

"Seit Corona steigt der Bedarf ständig, wir können ihn unmöglich decken", bestätigt Friedrich Hauk, Vizepräsident des Zentralverbands der Kleingärtner. Gäbe es ausreichend Parzellen, könnten angesichts der Nachfrage auf einen Schlag 5000 Gärten vergeben werden, ist sich Hauk sicher. Die Wartelisten bei den einzelnen Vereinen seien lang, viele hätten diese mittlerweile aufgrund der großen Nachfrage sogar gesperrt.

Wer einen Kleingarten in Wien kaufen oder pachten will, braucht derzeit viel Geduld.
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An einen Pachtgarten zu kommen sei "fast ein Ding der Unmöglichkeit", sagt Hauk – außer die Fläche wird über die Familie weitergegeben. Ansonsten müssten Interessenten viel Geduld mitbringen, heißt es bei dem Zentralverband. Eine Wartezeit zwischen ein und zehn Jahren sei nicht unüblich. Als besondere "Hotspots" nennt Hauk die Gegend rund um die Alte Donau und den Wienerwald. Privat würden Kleingärten dort um rund 1000 Euro je Quadratmeter den Eigentümer wechseln.

Run auf Kleingärten

Trotz der hohen Preise gibt es einen regelrechten Run auf die Objekte: "Innerhalb einer Stunde erfolgreich vermittelt", steht über einem Inserat für ein Kleingartenhäuschen. Eine Zweitbesichtigung oder eine längere Bedenkzeit sind nur selten möglich, zu groß ist der Andrang: "Wer die Finanzierung noch nicht gesichert hat, braucht es erst gar nicht versuchen", sagt ein Makler bei einem Besichtigungstermin im 21. Wiener Gemeindebezirk.

Der Lockdown beflügelte offenbar den Wunsch nach der eigenen Gartenidylle, wie hier der Garten von Irmgard Recher in der Steiermark (Instagram: @_irmgarden).
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Im 30-Minuten-Takt führt er Interessenten über das winzige Grundstück vor einer Fabrik. Nach nur zwei Stunden habe er schon vier Kaufangebote auf dem Tisch, einer der Interessenten sei nicht einmal zur Besichtigung gekommen. "Wenn Sie kaufen möchten, müssen Sie sich in den nächsten 24 Stunden entscheiden", sagt er zu einem Paar und winkt die nächste Familie durch das Gartentor. (Nora Laufer, 9.7.2021)