Die Akten aus dem Haus von Finanzminister Blümel wurden nun per Exekution durch den Bundespräsidenten mittels Straflandesgericht Wien ans Parlament geliefert.

Foto: APA / Jaeger

Wien – Bundespräsident Alexander Van der Bellen hat am Freitag zu Mittag in der Causa um Aktenlieferungen aus dem Finanzministerium an den Ibiza-U-Ausschuss Vollzug vermeldet. Die zuständige Richterin am Landesgericht für Strafsachen Wien, die mit der Exekution des Erkenntnisses des Verfassungsgerichtshofes (VfGH) vom 3. März 2021 betraut ist, habe ihn davon informiert, dass die vom Erkenntnis umfassten Akten und Daten am Freitag an den U-Ausschuss übergeben wurden.

Lange Vorgeschichte

Im betreffenden Erkenntnis hatte der VfGH einem Verlangen der Opposition auf Aktenlieferung des Finanzressorts stattgegeben und Finanzminister Gernot Blümel (ÖVP) aufgefordert, unter anderem die E-Mail-Postfächer der Leiterin des Beteiligungsmanagements im Finanzministerium sowie die Korrespondenzen von Ministeriumsmitarbeitern mit dem ehemaligen Öbag-Chef Thomas Schmid, damals Generalsekretär im Finanzministerium, dem Ausschuss zur Verfügung zu stellen.

Da Blümel dem nicht nachkam, hatte die Opposition die Exekution beantragt. Der VfGH folgte diesem Begehren und beauftragte Van der Bellen am 5. Mai mit der Exekution. Dazu kam es vorerst nicht, Blümel startete damals umgehend die Lieferung. Aus Sicht der Opposition war diese Lieferung allerdings unvollständig und mangelhaft, weswegen sich die Opposition neuerlich an das Staatsoberhaupt wandte und Van der Bellen das Straflandesgericht Wien Ende Juni mit der "Durchsetzung" des ursprünglichen VfGH-Erkenntnisses befasste.

Private Daten ausgesondert

Am Freitag erklärte Van der Bellen nun per Aussendung: Private Daten seien auftragsgemäß ausgesondert und vernichtet worden. Damit sei die vom VfGH beauftragte Exekution abgeschlossen. Der Bundespräsident danke der zuständigen Richterin vom Landesgericht für Strafsachen sowie allen Mitwirkenden für die zügige Erledigung. Allerdings bleibt dem auslaufenden U-Ausschuss nun kaum Zeit zur Sichtung oder gar zu einer Verhandlung über die Akten.

Kurz darauf nahm auch Finanzminister Blümel zu dem "langwierigen, einzigartigen Vorgang" Stellung, wie er ihn nannte. Er verteidigte – mithilfe eines neuen Rechtsgutachtens der Kanzlei Binder Grösswang – erneut seine Lieferungspraxis an den U-Ausschuss. Als Dienstgeber stünde es ihm nicht zu, in Mails von Mitarbeitern zu schauen und darüber zu entscheiden, welche davon als privat einzustufen seien.

"Überzeugter Demokrat"

"Im Rahmen der rechtlichen Möglichkeiten" habe das Finanzministeriums im Mai alles ans Parlament geliefert, sagte Blümel. Ob sich diese Lieferung allerdings mit der nun vom Straflandesgericht per Exekution an den U-Ausschuss geschickten Aktenmenge deckt, wollte er nicht prognostizieren. Und baute schon für den Fall etwaiger Abweichungen rechtfertigend vor: "Es ist klar, dass unterschiedliche rechtliche Möglichkeiten zu unterschiedlichen Ergebnissen führen können." Sprich: Wenn die Richterin nun zusätzliche relevante Akten gefunden und übermittelt habe, läge das darin begründet, dass sie mehr Befugnisse als er – Blümel – habe: "Ein vom Bundespräsidenten beauftragtes Organ hat mehr Zugriffsmöglichkeiten als ein Dienstgeber."

Zum Schluss bot Blümel für das monatelange Nichtbefolgen des VfGH-Erkenntnisses noch eine Quasi-Entschuldigung an, die er mit dem Bekenntnis einleitete, ein "überzeugter Demokrat und Patriot" zu sein: "Sollte ein anderer Eindruck entstanden sein, dann möchte ich mich dafür aufrichtig entschuldigen."

SPÖ-Fraktionsführer Krainer sieht erste Abweichungen

SPÖ-Fraktionsführer Kai Jan Krainer ortet in Blümels Ausführungen zu möglichen Abweichungen bei den Akten bereits ein "Eingeständnis", wonach er in den Vormonaten unvollständig geliefert habe. Der Finanzminister dürfe die "Schuld" für eine – von Krainer angenommene – mangelhafte Übermittlung nicht bei den Mitarbeitern seines Ministeriums suchen. Bei einer Pressekonferenz am Freitagnachmittag erklärte Krainer dann, eine "erste Sichtung" des vom Gericht gelieferten Materials habe ergeben, dass neue Mails zum Themenkreis Privatisierung des Bundesrechenzentrums sowie Casinos darin enthalten seien. Für ein abschließendes Urteil, ob und wie viel in Blümels Lieferung gefehlt hatte, sei es aber noch zu früh. Bis Dienstag werde man hierzu eine belastbare Bilanz ziehen können. (red, ta, APA, 9.7.2021)