Verteidigungsministerin Klaudia Tanner (ÖVP) und Militärpolizistin Christina Hofer werben um mehr Frauen beim Bundesheer – aber auf freiwilliger Basis.

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Wien – Für die Politik ist es kein Thema, in der Bevölkerung aber würde sich eine Mehrheit finden: die derzeit ausdrücklich nur für männliche Österreicher vorgeschriebene Wehrpflicht auch auf Frauen auszuweiten. Dieses Thema ließ DER STANDARD Ende Juni vom Linzer Market-Institut erforschen, Institutsleiter David Pfarrhofer fasst die Ergebnisse so zusammen: "Bei den Männern gibt es etwa zwei Drittel, die sich eine Wehrpflicht für Frauen vorstellen können – bei den Frauen überwiegt die Ablehnung."

Nur 43 Prozent für ein Berufsheer

Die Frage nach Wehrpflicht oder Berufsheer ist seit 2013 geklärt, auch in der aktuellen Market-Umfrage hat sich da nichts geändert. Market fragte: "Wie ist Ihre Haltung – sind Sie eher für die Beibehaltung der allgemeinen Wehrpflicht oder eher für die Einführung eines professionellen Berufsheers mit Freiwilligen?"

Darauf sprachen sich 57 Prozent für die Wehrpflicht und 43 Prozent für ein Berufsheer aus. Deutlich ist allerdings, dass die Zustimmung zur Wehrpflicht mit dem Alter der Befragten deutlich zunimmt. In der Gruppe der 16 bis 29 Jahre alten Wahlberechtigten sind nur 48 Prozent für die Wehrpflicht, bei den Befragten über 60 sind es aber 72 Prozent. Und: Die befragten Männer sind stärker für die Wehrpflicht als die weiblichen Befragten.

Market fragte weiter: "Derzeit gilt die Wehrpflicht in Österreich für junge Männer. Wie sehen Sie das? Sollte die Wehrpflicht auch für junge Frauen gelten oder nicht?" Hier war eine vierstufige Antwortmöglichkeit vorgesehen:

  • 23 Prozent sind "auf jeden Fall dafür" – wobei sich auch hier eine klare Trennung entlang der Geschlechter ergibt: 33 Prozent der männlichen, aber nur 14 Prozent der weiblichen Befragten wollen Frauen zum Wehrdienst verpflichten. Das Alter der Befragten spielt hier keine Rolle.
  • 29 Prozent sind "eher schon dafür" – wiederum Männer (32 Prozent) stärker als Frauen (27 Prozent). Besonders die Wählerschaft von ÖVP, FPÖ, Neos und (überraschend) auch der Grünen neigt zu dieser Antwort.
  • 30 Prozent sind "eher nicht dafür" – in dieser Kategorie findet sich nicht nur die größte Gruppe der weiblichen Befragten (34 Prozent), sondern auch eine relative Mehrheit der SPÖ-Anhängerschaft.
  • Schließlich wollen 18 Prozent "sicher nicht", dass Frauen zum Heer müssen. Diese harte Ablehnung kommt von einem Viertel der Frauen. Jener Teil der Befragten, der bei der vorigen Frage für ein Berufsheer statt der Wehrpflicht war, ist erwartungsgemäß auch gegen die Ausweitung der Wehrpflicht auf Frauen.

DER STANDARD ließ sodann auch die Argumente für und wider die Wehrpflicht für Frauen erheben. Als stärkstes Pro-Argument kristallisierte sich heraus, dass " Wehrpflicht für Frauen ... für Gerechtigkeit zwischen Männern und Frauen sorgen" würde – dem stimmen 55 Prozent mehr oder weniger deutlich zu – hier wiederum die Männer stärker als die Frauen.

Umgekehrt sind es die Frauen, die mehrheitlich eine andere Auffassung von Gerechtigkeit teilen: "Frauen haben in vielen Bereichen der Gesellschaft Nachteile, daher ist es gerecht, dass es für Frauen keine Wehrpflicht gibt" – unter allen Befragten stimmen dem 22 Prozent voll und ganz, weitere 21 Prozent eher schon zu.

Die weiteren Argumente – etwa bessere Chancen auf Leitungsfunktionen oder leichtere Eröffnung weiterer Berufswelten – verfangen bei Frauen weniger als bei Männern. Diese sehen umgekehrt einen höheren Frauenanteil beim Heer als eine Attraktivierung des eigenen verpflichtenden Dienstes.

Tanner zurückhaltend

Verteidigungsministerin Klaudia Tanner (ÖVP) will die Umfrageergebnisse nicht kommentieren, und auch sonst ist im Bundesheer die Wehrpflicht für Frauen kein Thema; man setzt durchwegs auf Freiwilligkeit.

Frauen geben der ersten Frau an der Spitze des Verteidigungsressorts übrigens durchwegs bessere Noten als die befragten Männer. Besondere Ablehnung schlägt der Ministerin vonseiten der bekennenden FPÖ-Wähler und der Sozialdemokraten entgegen – diese Parteien stellten Tanners Amtsvorgänger Mario Kunasek (FPÖ) und Hans Peter Doskozil (SPÖ). (Conrad Seidl, 12.7.2021)