Die Sonnenaktivität beeinflusst die Erdatmosphäre – und das hat wiederum Folgen für Objekte im erdnahen Orbit.

Foto: Epa/Esa/Nasa/Solar Orbiter

Die Bahnen von erdnahen Satelliten und Weltraummüll werden durch die Sonnenaktivität beeinflusst, da diese Einfluss auf die Dichte der äußeren Atmosphäre hat. Österreichische und russische Forscher haben nun eine Methode entwickelt, die die Sonnenaktivität bis zu zwei Jahre besser als bisher vorhersagen kann. Damit können nicht nur Satellitenbahnen verbessert, sondern auch der Wiedereintritt etwa von Raketenstufen in die Atmosphäre besser gesteuert werden.

In den 1970er-Jahren erlebte die US-Weltraumbehörde Nasa eine böse Überraschung, als sich herausstellte, dass die Raumstation Skylab schneller an Höhe verlor als geplant. Eigentlich hatte man geplant, das Raumlabor nach mehrjähriger Pause mit einem Space Shuttle in eine höhere Umlaufbahn zu heben. Doch hohe Sonnenaktivität hatte zu einer unerwarteten Ausdehnung der Erdatmosphäre geführt, wodurch Skylab abgebremst wurde und schließlich 1979 mehr oder weniger unkontrolliert auf die Erde stürzte.

Bei der Berechnung von Satellitenbahnen, insbesondere solche auf niedrigen Umlaufbahnen, oder der Bestimmung des Zeitpunkts des Wiedereintritts von ausgedienten Satelliten muss die Dichte der oberen Erdatmosphäre berücksichtigt werden. Denn je dichter die Atmosphäre ist, umso stärker wird eine Sonde aufgrund der stärkeren Reibung abgebremst.

Solarer Radioflussindex

Die Dichte dieser oberen Luftschichten hängt stark von der Sonnenaktivität ab, da diese die äußere Erdatmosphäre aufheizen kann, wodurch sie sich ausdehnt. "Bei den Bahnberechnungen und den Berechnungen der Wiedereintritte von Objekten muss daher die Sonnenaktivität berücksichtigt werden – und dafür ist es wichtig, gute Vorhersagen zu haben, teils über Jahre, was sehr schwierig ist", erklärte Astrid Veronig, Direktorin des Observatoriums Kanzelhöhe der Universität Graz.

Sie und ihr Team haben gemeinsam mit Wissenschafterinnen des Skolkovo Institute of Science and Technology (Skoltech) in Moskau und dem Raumfahrtkontrollzentrum Esoc der Europäischen Weltraumorganisation Esa eine Methode und die Software "Resonance" ("Radio Emissions from the Sun: ONline ANalytical Computer-aided Estimator") entwickelt, um den sogenannten solaren Radioflussindex bis zu 24 Monate im Voraus vorherzusagen. Dieser Index ist proportional zur Sonnenaktivität und gibt die Strahlungsdichte der Radiostrahlung der Sonne bei bestimmten Wellenlängen an – im konkreten Fall bei Wellenlängen von 10,7 und 30 Zentimetern.

Wie die Forscher im Fachmagazin "Astrophysical Journal" berichten, haben sie die Leistung ihres Prognosemodells anhand von über 600 ausgebrannten Raketenstufen und ausrangierten Satelliten sowie mehr als 2.300 Weltraummüll-Objekten, die zwischen 2006 bis 2019 in die Erdatmosphäre eingetreten sind, überprüft. Dabei zeigte sich, dass die mit Resonance gewonnenen Resultate zur Verbesserung der Vorhersage solcher Wiedereintrittsereignisse genutzt werden können.

Fatale Fehler

"Der Punkt ist, dass bereits kleine Veränderungen oder Fehler in der Vorhersage der Sonnenaktivität einen großen Effekt auf den Zeitpunkt haben, wann der Wiedereintritt erfolgt, und – aufgrund ihrer hohen Orbitalgeschwindigkeit – einen noch größeren Einfluss auf die Position, wo der Satellit bzw. das Objekt runterkommt. Da ist man dann schnell auf einem anderen Kontinent bzw. statt über dem Meer über Festland, was man ja vermeiden will", sagte Veronig.

Die Forscher entwickeln derzeit auf Basis ihrer Methode ein automatisches Service, das laufend Vorhersagen des Radioflusses der Sonne und damit der Sonnenaktivität liefert. Dieses Prognosewerkzeug soll dann im Rahmen des Esa Space Safety Programms angeboten werden. Laut Veronig wird es noch ein bis zwei Jahre dauern, bis es in vollem Umfang zur Verfügung steht. (APA, red, 12.7.2021)