Die globale Mindeststeuer für Konzerne ist beschlossen, das lässt eine Digitalsteuer allerdings in die Ferne rücken.

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Brüssel – Gut Ding braucht Weile, so oder so ähnlich lautet der Ansatz der Europäischen Union bei der zuletzt absehbar gewordenen globalen Steuerreform. Diese soll bekanntlich nicht nur eine internationale Mindeststeuer für Konzerne bringen, sondern auch eine Digitalsteuer. Mit der Umsetzung der Digitalsteuer hat man in Brüssel aber offenbar keinen Stress.

Etwaige Pläne für die Umsetzung wurden auf Herbst verschoben, wie die "Financial Times" berichtet. Die US-Finanzministerin Janet Yellen habe massiven Druck auf die EU-Kommission ausgeübt, Vorschläge rund um die Digitalsteuer zu verschieben. Grund dafür sei die kürzlich von den G7 beschlossene Mindeststeuer für Konzerne, beruft sich die Zeitung auf Insider-Informationen. Ursprünglich hätten diese Woche Vorschläge in Brüssel vorgestellt werden sollen, dann am 20. Juli – und nun ist offenbar das ganze Prozedere verschoben.

Die Abgabe sollte zu eigenen Finanzmitteln der EU beitragen, um die für den Wiederaufbaufonds vorgesehene Kreditaufnahme gegenzufinanzieren. Beim OECD-Treffen am Wochenende in Venedig hatten aber auch europäische Länder darauf gedrungen, die Pläne mindestens zu verschieben, um die wesentlich weiter reichende globale Einigung nicht zu gefährden.

Blümel will an Plänen festhalten

Österreich wird nach Aussagen von Finanzminister Gernot Blümel (ÖVP) der US-Forderung, die heimischen Digitalsteuern auf Eis zu legen, vorerst nicht nachkommen. "Dafür brauchen wir eine konkrete politische Einigung und müssen genau wissen, welche Digitalsteuern in Zukunft wann kommen werden", sagte Blümel am Montag im Vorfeld eines Treffens der Eurogruppe in Brüssel, an dem auch US-Finanzministerin Janet Yellen teilnehmen wird.

Es könne nicht sein, dass große Konzerne wie Facebook und Google relativ zu ihrem Gewinn de facto weniger Steuern zahlten als der Greißler ums Eck in Österreich, erklärte der Finanzminister. "Deshalb haben wir eine eigene digitale Steuer eingeführt."

Werbeabgabe seit Anfang 2020

Seit Anfang 2020 gibt es in Österreich eine als Digitalsteuer bezeichnete Werbeabgabe für Online-Werbung. Die USA kritisierte mehrfach das Vorgehen Österreichs und drohte mit Strafzöllen, weil die österreichische Digitalsteuer US-Unternehmen diskriminieren würde. Washington stört sich zudem an einer von der EU-Kommission geplanten Digitalabgabe, die Ende Juli vorgestellt werden soll.

Auf EU-Ebene zeigte sich Blümel kompromissbereit. Die amerikanische Regierung habe in den vergangenen Monaten "einen großen Schritt" gemacht, sagte Blümel mit Blick auf die Einigungen auf G7-Ebene und der 131 Staaten in der OECD. Er glaube daher, dass "man auf einem sehr konstruktiven Weg ist, eine globale Mindestbesteuerung für große Konzerne auch möglich zu machen". Aus seiner Sicht sei es "in Ordnung, wenn man da einen Schritt entgegenkommt".

Entscheidendes Treffen

"Die Kommission überlegt, wie sie den historischen Beschluss der G20-Staaten zur Mindeststeuer unterstützen kann. Deswegen zieht sie es in Betracht, erst im Herbst detaillierte Vorschläge zur Digitalsteuer zu machen", zitiert die "FT" einen Sprecher der Kommission. Die Entscheidung sei noch nicht gefallen und hänge vom Treffen von Yellen und Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen am Montag ab.

Bei der OECD begrüßt man die mögliche Verschiebung: "Bevor der Deal wegen komplizierter gesetzlicher Hürden bricht, ist es besser, ihn zu verschieben", sagt Steuerexperte OECD-Chefunterhändler Pascal Saint-Amans.

EU-Wirtschaftskommissar Paolo Gentiloni sagte nach den Beratungen in Venedig, eine globale Lösung habe Priorität. Die europäische Digitalabgabe würde nach früheren Angaben der EU-Kommission weitaus mehr Firmen betreffen als die in der OECD vereinbarte globale Mindeststeuer von 15 Prozent.

Verschiebung gefordert

Die US-Regierung hatte die EU bereits im Juni eindringlich aufgefordert, den Vorschlag für eine europäische Digitalsteuer zu verschieben. Washington verwies darauf, dass entsprechende Pläne die laufenden internationalen Gespräche für eine globale Mindestbesteuerung von Unternehmen "in Gefahr bringen" könnten.

Die USA betrachten die EU-Pläne für eine Digitalsteuer mit großem Misstrauen und reagierten auf eine nationale Digitalsteuer in Frankreich mit Strafzöllen – denn praktisch alle Großunternehmen aus diesem Bereich kommen aus den Vereinigten Staaten. (and, APA, 12.7.2021)