Jacob Dylan hat seine Wallflowers wiederbelebt und das Album "Exit Wounds" eingespielt.

Foto: New West Records

Wenn Bob Dylan seine Band tauscht, ist die Musik, die dann entsteht, immer noch die von Bob Dylan. Ähnlich verhält es sich bei seinem Sohn Jacob. Der hat jetzt ein gutes Jahrzehnt kein Album veröffentlicht. Jacob Dylan wurde in den 1990ern mit seiner Band The Wallflowers bekannt, deren 1996 erschienenes Album Bringing Down the Horse hat sich immerhin vier Millionen Mal verkauft. Und zwar mit einem seelenvollen Mainstream-Rock, der ein wenig von Glamour lebte, den der Frontmann verströmte.

Jacob Dylan ist bis heute hübsch anzusehen und hat in der Auszeit seine Band vertschüsst. Nicht jeder Musiker kriegt von zu Hause genug Taschengeld, um sich zehn Jahre lang den Bauch zu kraulen.

Der junge Dylan ist 51 und hat sich im letzten Jahr an The Wallflowers erinnert und diese mit neuen Kräften wiederbelebt. Das war wegen eh schon wissen nicht das einfachste Jahr, um eine Gruppe neu zu gründen. Zumal Dylan ein leidenschaftlicher Full-Contact-Mann ist: Er insistierte darauf, das Album im Studio mit anderen einzuspielen. Sich Files hin und her zu mailen und dabei mehr Zeit am Server zu hängen als an der Gitarre? Nicht mit ihm.

Soziale Kunstform

In aktuellen Interviews äußert er sich kritisch zu Musik, die gänzlich aus den Schaltkreisen kommt, leblos, seelenlos sei diese. Musik ist schon eine soziale Kunst, gerade solche, die im Zusammenspiel mit anderen entsteht.

Nun ist das Ergebnis dieser Neuformation erschienen, das Album Exit Wounds. Da muss man spätestens beim zweiten Lied ein wenig an den alten Dylan denken. Sagen wir so: Gut möglich, dass Jacob den Song Hurricane gehört hat, bevor ihm Roots and Wings eingefallen ist. Aber das ist eine Mutmaßung, es muss schwierig sein, der musizierende Sohn des Allmächtigen Bob Dylan zu sein – wiewohl er sich nach über 30 Jahren im Geschäft wohl damit arrangiert hat; und Exit Wounds ist ein sehr schönes Album geworden.

New West Records

Dylan spielt souveränen Middle-of-the-Road-Rock. Hübsche Geradeaussongs für den Trip durchs Monument Valley in Arizona. Da und dort tauchen countryeske Charakteristika auf, das Klavier wirkt stellenweise ein wenig bieder, aber immer noch sportiver als beim Boss, bei Bruce Springsteen.

Züge und Flüsse

The Wallflowers klingen 2021 oft wie die weniger kraftlackelige Version der E-Street-Band. Das macht den Charme dieses Albums aus: dieser sich in einer gewissen Kultur, in einer Form wohlfühlende Habitus, der so manch strapaziertes Klischee wettmacht. Es gibt halt schon viele Songs über Züge, den Highway und Flüsse. Jene der Wallflowers müssen sich aber nicht verstecken.

Vor allem wenn die Orgel Einsatz findet, klingt die Band sehr lässig, die Spiellaune ist spürbar, man möchte den Wagen anhalten, ein dünnpfiffiges Budweiser aufreißen und ein Tänzchen im Staub neben der Straße wagen. Ein Truck donnert vorbei, und der Fahrer hupt zustimmend. Cheers! Die Sonne geht bald unter, gleich geht’s weiter, in die Dive Bar in My Heart. Natürlich mit Sicherheitsgurt und Airbag. (13.7.2021)