Bundesgeschäftsführer Michael Kellner stellte am Montag die Wahlplakate der Grünen vor. Die Kampagne soll, nach der massiven Kritik der vergangenen Wochen, "Optimismus" verbreiten.

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Vielleicht ist es ein Vorgriff auf eine mögliche Koalition nach der Bundestagswahl. Dazu äußert sich Michael Kellner, der Bundesgeschäftsführer der deutschen Grünen, am Montag nicht. Jedenfalls ist sehr viel Grün und Schwarz zu sehen bei der Präsentation der Wahlplakate.

In diesen beiden Farben sind die Werbemittel gehalten, mit denen die Grünen nun die heißere Phase des Wahlkampfes eröffnen wollen. Damit kein Missverständnis über etwaiges Kuscheln mit CDU-Chef Armin Laschet und CSU-Chef Markus Söder aufkommt, stellt Kellner klar: "Es ist eine Richtungswahl. Wir fordern die Union heraus."

Nur noch Inhalte

In diesem Satz schwingt natürlich noch viel mehr mit: dass die Grünen – nach den endlosen und für sie quälenden Debatten über die Fehler von Kanzlerkandidatin Annalena Baerbock – die Bundestagswahl am 26. September noch lange nicht verloren geben. Dass sie sich nach wie vor auf Augenhöhe mit der Union sehen und dass sie ihr das Kanzleramt abnehmen wollen.

Deshalb soll nun mehr über Inhalte gesprochen werden. "Es ist eine optimistische Kampagne, die auf Veränderung setzt", sagt Kellner. Fast klingt es ein bisschen trotzig, als er auf jenes Wahlplakat hinweist, das von den Ortsgruppen am meisten nachgefragt wird.

"Wirtschaft und Klima ohne Krise", steht darauf und natürlich der Satz, der sich auf allen anderen Werbemitteln auch findet: "Bereit, weil Ihr es seid." Zu sehen ist Baerbock allein, ohne ihren Co-Chef Robert Habeck. Auf vielen anderen Plakaten werden beide – Baerbock und Habeck – gemeinsam gezeigt. Es gibt auch eines, da ist Habeck allein drauf.

Habeck spricht von "Kokolores"

In den vergangenen Tagen war in Berlin vor allem eine Frage immer wieder aufgetaucht: Könnte Habeck, nach Baerbocks vielen Fehlern, ihr vielleicht noch die Kanzlerkandidatur abnehmen?

Er selbst hat dies in einem Interview mit der Süddeutschen Zeitung verneint und als "Kokolores" bezeichnet. Doch Habeck räumte ein: "Die letzten Wochen waren kein Glanzstück." Baerbock war in die Kritik geraten, weil sie Sonderzahlungen ihrer Partei verspätet dem Bundestag gemeldet hatte, ihren Lebenslauf mehrfach korrigieren musste und weil sich in ihrem Buch, ohne Quellenangabe, auffällig viele Passagen finden, die anderswo schon veröffentlicht worden waren. "Diese Vorgänge waren für alle überraschend. Hätten wir gewusst, dass an den Stellen solider hätte gearbeitet werden müssen, wäre da solider gearbeitet worden", sagt Habeck.

Führung fehlt

Bei der Präsentation der Wahlkampagne waren weder er noch Baerbock anwesend. Auffällig an den Plakaten ist: Das Wort "Kanzlerin" findet sich auf keinem einzigen, obwohl Baerbock ja Kanzlerkandidatin ist und Angela Merkel nach 16 Jahren ablösen will.

Darauf angesprochen, erklärte Kellner, man lasse derzeit offen, ob in einer letzten Plakatwelle, direkt vor der Wahl, dann das Wort "Kanzlerin" auftauchen werde.

Prüfung von Stipendium

Baerbock lässt nun auch ein Stipendium prüfen, das sie von der parteinahen Heinrich-Böll-Stiftung für ihre Promotion erhalten hat. Sie bekam in den Jahren 2009 bis 2012 monatlich 1.050 Euro, den Versuch der Promotion brach sie aber nach drei Jahren und drei Monaten ab.

Es gibt Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Förderung, weil Baerbock in der fraglichen Zeit schon drei Posten bei den Grünen innehatte. Sie arbeitete zwar unentgeltlich, aber möglicherweise nicht in Einklang mit den Förderrichtlinien für das Stipendium. Im schlimmsten Fall müsste die heute 40-Jährige rund 40.000 Euro samt Zinsen zurückbezahlen.

Falsche Daten

Deutsche Medien beschäftigen sich weiterhin mit ihrem Buch. Die Tageszeitung weist darauf hin, dass Baerbock darin das brandenburgische Ludwigsfelde Berlin zugeschlagen hat. Es handelt sich aber um eine eigenständige Stadt in Baerbocks Wahlkreis 61.

Und in der FAZ ist zu lesen, dass Baerbock fälschlicherweise geschrieben habe, Ex-US-Präsident George Bush senior habe Deutschland 1991 angeboten, "Partners in Leadership" zu sein. Dies sei aber schon 1989, vor dem Fall der Berliner Mauer, erfolgt. (Birgit Baumann aus Berlin, 12.7.2021)