Fröhliches Ausgehen, so wie hier in Amsterdam, gehört in den Niederlanden über den Sommer wieder der Vergangenheit an.

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Ein Besuch in einer steirischen Großdiskothek in Lannach könnte bis zu 900 Menschen auch eine Woche danach noch Kopfschmerzen bereiten. Dort nämlich hat in der Nacht auf den 4. Juli eine mit dem Coronavirus infizierte Person getanzt – und die Gesundheitsbehörden ersuchen nun dringend bis zu 900 Kontaktpersonen, sich zu melden.

Besonders schwierig gestaltet sich das Contact-Tracing, weil sich nur ein Drittel der vermuteten Diskobesucher beim Eintritt in das Etablissement wie vorgeschrieben registriert haben dürfte.

Angesichts der dramatischen Ereignisse in einem ähnlichen Lokal an der niederländisch-deutschen Grenze wird deutlich, wie rasch die Behörden an ihre Grenzen gelangen, wenn ein Infizierter – jedenfalls potenziell – massenhaft Menschen ansteckt. So geschehen im "Aspen Valley", einer Großraumdiskothek in Enschede im Osten der Niederlande. Am 26. Juni, einen Tag nach der Wiederöffnung der Nachtlokale in den Niederlanden, tanzen dort gut 600 meist junge Menschen ausgelassen.

Wenige Tage danach wurde deutlich, dass sich fast 200 von ihnen mit dem Coronavirus infiziert haben. Besonders pikant: Der Zugang war nur mit einem negativen Testergebnis möglich. Offenbar gab es aber viele Fälschungen.

Tendenz steigend

Das "Aspen Valley" wurde nach Bekanntwerden des Clusters geschlossen. Weil die niederländischen Behörden im Ausgehen die aktuell größte Gefahr für Infektionen sehen, ruderte die liberal-konservative Regierung in Den Haag nur zwei Wochen nach der Lockerung wieder zurück: Diskotheken und Nachtlokale zwischen Maastricht und Schiermonnikoog sind seit Samstag einmal mehr dicht – bis zum 13. August vorerst.

Die Reproduktionsrate in den Niederlanden liegt aktuell bei 2,17 – hundert Infizierte stecken also 217 andere Menschen an, Tendenz steigend. Das ist der höchste Wert seit Ausbruch der Pandemie im März 2020.

Auf die Spitalsbelegung wirkt sich der Cluster freilich vorerst nur beschränkt aus. Am Dienstag berichtete die Gesundheitsbehörde in der Provinz Twente, wo auch Enschede und somit der Infektionsherd "Aspen Valley" liegt, über die neuesten Entwicklungen, was die Belegung der Spitalsbetten mit Corona-Patienten betrifft: waren es vergangene Woche noch null, sind es nun schon wieder "eine Handvoll".

Der niederländische Premier Mark Rutte, der die Aufhebung fast aller Corona-Maßnahmen Ende Juni veranlasst hatte, hat sich mittlerweile entschuldigt und von einem Einschätzungsfehler gesprochen.

Söder bremst

Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU), der sich in der deutschen Innenpolitik nur allzu gern als Corona-Hardliner inszeniert, steigt angesichts der Erfahrungen nördlich und südlich seines Bundeslandes auf die Öffnungsbremse. Großangelegten Lockerungen, wie sie der britische Premier Boris Johnson am Montag für England verkündet hatte, erteilte der Bayer eine Absage. Und doch streute er bei einer Pressekonferenz am Dienstag auch Hoffnung: Ab Herbst, so Söder, könnten Zweifachgeimpfte wieder in Bayerns Diskotheken tanzen gehen. (flon, maa, 13.7.2021)